Gefragt wird, welche unterschiedlichen Positionen und Argumentationen zu den stalinistischen Repressionen die öffentliche Diskussion in Russland seit dem Beginn der Perestrojka prägen. Außerdem sollen die Positionen bezüglich ihrer Akzeptanz von einer Form von Alleinherrschaft und ihrer Gewaltbereitschaft gegen Menschen untersucht werden. Schließlich versucht die Autorin eine Antwort darauf zu finden, ob in der öffentlichen Diskussion in Russland ein Umdenkungsprozess stattgefunden habe, oder ob der Geist Stalins beziehungsweise ältere autoritäre Denkmuster fortleben. Sunder-Plaßmannn untergliedert ihre Arbeit in zwei Überblickskapitel über die offiziellen und die inoffiziellen Positionen zu den stalinistischen Repressionen vor der Perestrojka. Die drei folgenden Kapitel des Hauptteils befassen sich mit der Darstellung und der Analyse der untersuchten Texte. Bei ihrer Analyse hat die Autorin insgesamt 80 Texte berücksichtigt, ohne dabei besonderen Wert auf die Wissenschaftlichkeit oder den beruflichen Hintergrund der Autoren zu legen. Bei einem Großteil der Texte handelt es sich um Abhandlungen zum Charakter der Stalin-Ära und dem Terror allgemein. Die Positionen zu den stalinistischen Repressionen unterscheidet Sunder-Plaßmann in Befürworter und Gegner (siehe hierzu die Punkte IV. und V.). Insgesamt schließt die Autorin aus der Analyse der hier versammelten Texte, dass "die Perestrojka keine grundlegende Umorientierung im Sinne einer am aufklärerischen Menschenbild orientierten Demokratisierung markiert" (147). Vielmehr "leben Denkmuster, die den Stalinismus prägten auch heute noch bei den meisten an der öffentlichen Diskussion beteiligten Autoren fort" (147). Aus dem Inhalt: II. Stalinistische und poststalinistische Bewertungen der Repressionen: 1. Die offizielle Sicht der Repressionen unter Stalin; 2. Die parteioffiziellen Positionen nach 1953; 3. Inoffizielle Bewertungen der Repressionen. III. Eine Übersicht über die Stalinismusdiskussion seit dem Beginn der Perestrojka; IV. Die aktuellen Positionen zu den stalinistischen Repressionen: 1. Gruppeneinteilung; 2. Herausarbeiten von Fragekategorien; 3. Darstellung der Gruppen anhand der Fragekategorien. V. Strukturelle und wertbezogene Äquivalenzen der Positionen: 1. Das Menschenbild der Aufklärung; 2. Sozialisten (pro); 3. Gosudarstvenniki; 4. Konservative Revolutionäre; 5. Russische Nationalisten (pro); 6. Sozialisten (contra); 7. Russische Nationalisten (contra); 8. Marktwirtschaftler. VI. Gründe für die Feindschaft der Gruppen untereinander.