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Elke Scherstjanoi

SED-Agrarpolitik unter sowjetischer Kontrolle 1949-1953. Veröffentlichungen zur SBZ/DDR-Forschung im Institut für Zeitgeschichte

München: R. Oldenbourg Verlag 2007 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 70); VII, 648 S.; Ln., 69,80 €; ISBN 978-3-486-57994-9
Scherstjanoi, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, untersucht detailliert die Entwicklung der DDR-Agrarwirtschaft und ihre politischen Hintergründe. Der Untersuchungszeitraum endet mit dem Aufstand am 17. Juni 1953 und seinen Folgen, zu denen eine Rücknahme jener SED-Politik gehörte, die auf eine forcierte Einführung des Sozialismus zielte. Diese Rücknahme sowie die zuvor eben nicht zielstrebig verfolgte Umformung der Landwirtschaft in eine sozialistische Produktionsweise erklärt die Autorin damit, dass die Sowjetunion die Option einer Wiedervereinigung Deutschlands noch habe offenhalten wollen. Dennoch geht sie davon aus, dass es sich bei der SED-Agrarpolitik um eine sozialistische Politik in dem Sinne gehandelt habe, dass „sie von den sich selbst so verstehenden sozialistischen Eliten entworfen, konzipiert, vertreten und durchgesetzt wurde“ (1). Scherstjanoi findet Belege dafür, dass die SED keineswegs nur auf Weisung der Besatzungsmacht handelte, obgleich deren Funktionäre als Berater (und Aufpasser) in den verschiedenen Behörden und Institutionen zugegen waren. Man habe sich vor allem als Fachleute wahrgenommen, auch seien die SED-Funktionäre aufgrund der ganz eigenen Situation im östlichen Nachkriegsdeutschland wiederholt mit eigenen Entscheidungen vorgeprescht – vor der Krise 1952/53 sei ein Handlungsspielraum der Ostdeutschen nachweisbar. Allerdings habe die Orientierung auf den Sozialismus die Richtung der Entscheidungen geprägt. Zudem habe das Fernziel „Sozialismus“ verhindert, dass angesichts negativer wirtschaftlicher Entwicklungen „anhaltend um Gegensteuerung gerungen wurde“ (600). Stattdessen hätten deutsche wie sowjetische Kommunisten den noch privatwirtschaftlich tätigen Bauern die Schuld an der schlechten Wirtschaftsentwicklung gegeben und seien dabei von völlig falschen Annahmen über die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft ausgegangen. Tatsächlich aber habe diese angesichts von Mangelwirtschaft, repressiven staatlichen Eingriffen und Reparationsforderungen kaum an Produktivität gewinnen können.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Elke Scherstjanoi: SED-Agrarpolitik unter sowjetischer Kontrolle 1949-1953. München: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27535-sed-agrarpolitik-unter-sowjetischer-kontrolle-1949-1953_32296, veröffentlicht am 03.04.2008. Buch-Nr.: 32296 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken