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Marlene Helms

Soziale Qualität strukturschwacher ländlicher Regionen in Nordwestdeutschland. Eine Analyse menschenfeindlicher Einstellungsmuster am Beispiel einer niedersächsischen Samtgemeinde

Frankfurt a. M.: Verlag für Polizeiwissenschaft, Prof. Dr. Clemens Lorei 2013 (Polizei & Wissenschaft); 126 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-86676-272-5
Masterarbeit Vechta; Begutachtung: Y. Völschow, M. Schlegel. – Marlene Helms konstatiert, dass in Deutschland das „Syndrom Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF)“ (15) verstärkt aufkommt. Feindseligkeiten und Vorurteile gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund, Obdachlosen, Menschen mit Behinderung oder sozial Schwachen lassen sich demnach verstärkt bei Personen beobachten, die sich nach eigener Einschätzung der politischen Mitte zuordnen. Anhand einer quantitativen Untersuchung (einer nicht‑repräsentativen Stichprobe, die mithilfe von „Mittelspersonen“ durchgeführt wurde, 54) überprüft die Autorin, inwieweit das Gefühl, von einer ökonomischen Krise persönlich bedroht oder betroffen zu sein, in einem Zusammenhang mit gruppenbezogenen Feindseligkeiten steht. Für die Erhebung von Einstellungsmustern hat die Autorin die Bewohner_innen der niedersächsischen Samtgemeinde Harpstedt im Landkreis Oldenburg ausgewählt, weil sich dieser Gemeindeverbund mit einer stagnierenden bis rückläufigen Bevölkerungs‑ und Wirtschaftsentwicklung konfrontiert sieht. Diese negative Zukunftsprognose scheint sich – so lautet ein Ergebnis ihrer Analyse – in den subjektiven Einstellungen der Bevölkerung widerzuspiegeln. Beinahe 39 Prozent der Befragten gaben an, sich durch die Krise bedroht zu fühlen – entsprechend niedrig ist ihre Bereitschaft zur Solidarität. Kritisch beurteilt die Autorin die Resultate zum Thema Fremdenfeindlichkeit. So stimmten 42 Prozent der Aussage zu, dass es in Deutschland zu viele Zugewanderte gibt. Allerdings könne daraus nicht zwingend gefolgert werden, dass sich Personen mit Migrationshintergrund „tatsächlichen Diskriminierungen“ (89) ausgesetzt sehen. Besonderes Augenmerk legt sie auf die 40 Vereine, Verbände und Sozialeinrichtungen in Harpstedt, die zum sozialen Zusammenhalt in der Gemeinde beitragen könnten. Jedoch falle ein großer Teil der Angebote unter die Kategorie Pflege der Heimat und des Brauchtums; die Wahrung regionaler Sitten und Gebräuche stehe im Mittelpunkt und weniger die Beschäftigung mit interkulturellen Einflüssen. Da zudem religiöse Angebote außerhalb des christlichen Glaubens fehlen, empfiehlt Helms eine gezielte Öffnung der christlichen Kirchen gegenüber dem Islam. Nicht nur die relativ feststehenden Einstellungen erschwerten den Integrationsprozess, sondern auch strukturelle Rahmenbedingungen, die aus der ländlichen Lage, der relativ schwachen Infrastruktur und den begrenzten finanziellen Mitteln der öffentlichen Hand resultieren. Um GMF in ruralen Gebieten gezielt entgegenzuwirken, empfiehlt die Autorin die Schaffung von „mobilen, unabhängigen Integrationshilfen“ (108).
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Marlene Helms: Soziale Qualität strukturschwacher ländlicher Regionen in Nordwestdeutschland. Frankfurt a. M.: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37006-soziale-qualitaet-strukturschwacher-laendlicher-regionen-in-nordwestdeutschland_45163, veröffentlicht am 24.04.2014. Buch-Nr.: 45163 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken