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Jana Osterkamp / Joachim von Puttkamer (Hrsg.)

Sozialistische Staatlichkeit

München: Oldenbourg Verlag 2012 (Bad Wiesseer Tagungen des Collegium Carolinum 32); X, 257 S.; geb., 44,80 €; ISBN 978-3-486-71248-3
Die Autorinnen und Autoren nähern sich dem Thema „Sozialistische Staatlichkeit“ aus der Perspektive einer „Kulturgeschichte des Politischen“, indem sie „die Konstitution von Staatlichkeit aus diskursiven Zuschreibungen und alltäglichen Praktiken untersuch[en], mit denen Charakter und Reichweite staatlichen Handelns auch im Sozialismus immer wieder neu ausgehandelt wurden“ (Vorwort, VII). Auf dieser Grundlage verdeutlichen sie, dass die vermeintlich uniforme Übernahme der sowjetischen staatlichen und ideologischen Institutionen durch die osteuropäischen Länder nicht einfach als gegeben hingenommen wurde, sondern vielmehr einen permanenten und umkämpften gesellschaftlichen Prozess zwischen externer Einflussnahme und nationalen kulturellen sowie historischen Traditionen darstellte. Entgegen oftmals vertretener Annahmen verkörperte der sozialistische Staat also kein künstliches, geschichtsloses Projekt. Tilmann Siebeneichner zeigt in seinem Aufsatz über die DDR beispielsweise, dass das Selbstverständnis der politischen Eliten „nicht allein in ihrem Selbstverständnis als Marxisten-Leninisten, sondern vor allem in ihren biographischen Erfahrungen begründet“ (93) lag. Die Kampfgruppen der Arbeiterklasse, so argumentiert er, seien weitgehend im kommunistischen Erfahrungshorizont der Weimarer Republik verwurzelt gewesen. In weiteren Beiträgen geht es zum Beispiel um die sozialistischen Frauenbewegungen (und ihre politische Beeinflussung mit dem Ziel einer gesellschaftlichen Neuordnung) oder die zentrale Funktion der Grenzkontrolle für den sozialistischen Staat. So zeigen Blaive und Lindenberger in ihrer empirischen Untersuchung einer tschechisch-österreichischen Grenzstadt, wie die Praxis der Feindkonstruktion die Transformation der Gesellschaft im Inneren beeinflusste. Das Buch bietet insgesamt eine Sammlung lesenswerter Beiträge, die nicht nur aus Sicht der Osteuropaforschung interessant sind, sondern gleichsam neue Perspektiven für die allgemeine Frage nach gesellschaftlichem und politischem Wandel eröffnen. Der Band basiert auf der gleichnamigen Jahrestagung des Collegium Carolinum aus dem Jahr 2009.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.25 | 2.22 | 2.61 | 2.314 | 2.62 | 2.27 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Jana Osterkamp / Joachim von Puttkamer (Hrsg.): Sozialistische Staatlichkeit München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34926-sozialistische-staatlichkeit_41995, veröffentlicht am 12.07.2012. Buch-Nr.: 41995 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken