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Stefan Creuzberger

Stalin. Machtpolitiker und Ideologe

Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 2009 (Urban Taschenbücher 593); 343 S.; kart., 19,80 €; ISBN 978-3-17-018280-6
„Töne der Fabrik- und Werk-, der Zug- und Schiffssirenen [zerschnitten] das über Moskau und dem ganzen Lande liegende Schweigen.” (46) Das für viele Menschen Undenkbare war geschehen: Genosse Stalin war tot. In die Szenen aus inszenierter Trauer mischte sich bei vielen wirkliche Fassungslosigkeit über das Ende des großen Diktators, der die Geschicke des Landes über mehr als ein viertel Jahrhundert gelenkt hatte. Mit ihm hatte das von ihm selbst errichtete System etwas ganz Wesentliches verloren, und doch sollte die Sowjetunion den Verlust des Unabkömmlichen relativ rasch kompensieren. Creuzberger rollt in seiner politischen Biografie das Leben eines der grausamsten und doch zugleich faszinierendsten Persönlichkeiten der jüngeren Geschichte von dessen Ende auf. In dem in drei Hauptteile gegliederten Werk widmet sich der Autor zunächst der Sozialisation des Diktators in der kaukasischen Peripherie des Zarenreiches. Entgegen jener, die vom internationalistischen Charakter einer vom Proletariat geführten Weltgemeinschaft schwärmten, hatte den jungen Stalin das im Russenhass und der ethnischen Vielfalt begründete Konfliktpotenzial am sogenannten Berg der Sprachen früh zu einem realistisch denkenden Menschen gemacht. In der Zeit des in Russland herrschenden Dauerausnahmezustandes im Gefolge der Oktoberrevolution sollte ihm dies auf dem Weg zur Macht sehr nützlich sein. Und doch war auch der sich schon vorher selbstbewusst als „Lenin des Kaukasus” (75) gebärdende Stalin nicht vor fatalen Fehleinschätzungen gefeit, die Millionen Menschen schließlich mit ihrem Leben bezahlen sollten. Dies wird insbesondere im zweiten und dritten Teil deutlich, in denen der Autor ein Bild von dem Innen- und dem Außenpolitiker Stalin entwirft. In der mittlerweile schier unüberschaubaren Fülle an Quellen und Literatur über den roten Zaren und dessen Epoche liefert Creuzbergers Schrift einen sehr guten ersten Einblick in die Politik des Machtpolitikers und Ideologen Stalin, die durch eine Zeittafel und durch zahlreiche thematische Karten zudem sehr plastisch vor dem Auge entsteht.
Michael Vollmer (MV)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.12.622.254.1 Empfohlene Zitierweise: Michael Vollmer, Rezension zu: Stefan Creuzberger: Stalin. Stuttgart: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30733-stalin_36507, veröffentlicht am 28.05.2009. Buch-Nr.: 36507 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken