Skip to main content
Diethelm Klesczewski / Steffi Müller-Mezger / Frank Neuhaus (Hrsg.)

Strafrecht in der Zeitenwende

Paderborn: mentis Verlag 2010 (fundamenta iuris 8); 148 S.; kart., 18,80 €; ISBN 978-3-89785-487-1
Unter Zeitwende verstehen die Herausgeber „ein bedeutsames Ereignis, eine Entdeckung oder Erfindung, die das bisherige Leben vieler oder gar aller Menschen nachhaltig verändert“ (7). Als Beispiel führen sie die Reformation und die Abkehr vom ptolemäischen Weltbild an. Die zentrale Frage ist für sie, wie sich der Konflikt zwischen Rechtsprinzipien in Zeiten des Wandels im Strafrecht niederschlägt. Henning Radtke befasst sich mit den philosophischen Grundlagen und der strafrechtlichen Bedeutung des zivilen Ungehorsams. Einführend konstatiert er, dass der Begriff ein wenig aus dem Bewusstsein geraten sei, obwohl es auch aktuell Protestformen gebe, die sich dem zivilen Ungehorsam zurechnen ließen, wie Schienen- und Straßenblockaden von Atomkraftgegnern. Radtke befasst sich kritisch mit den Überlegungen von John Rawls. Dessen Konzeption zivilen Ungehorsams über die Ebene politisch-moralischer oder ethisch-normativer Bewertung als politischen Akt kann ihn nicht überzeugen. So kennzeichne sich z. B. der Protest gegen den Transport von Kernbrennstäben „eben gerade durch das Fehlen eine Konsenses“ (80) zu dieser Frage in der demokratischen Gesellschaft. Abschließend erläutert der Autor, dass auch eine Abwägung zwischen den geschützten Rechtsgütern und den Grundrechten des Täters „lediglich ausnahmsweise eine Rechtfertigung“ (84) herbeiführen könne. Miguel Polaino-Orts befasst sich in seinem Beitrag mit dem Begriff des Feindstrafrechts. Er definiert: „Feind ist, wer sich […] freiwillig entscheidet, sich selbst durch sein äußeres Verhalten vom sozialen System (partiell) zu exkludieren“ (129). Anschließend hält der Autor ein Plädoyer für ein funktional kontrolliertes Feinstrafrecht. Im Falle des Terrorismus blieben dem Rechtsstaat nur zwei Möglichkeiten, so der Autor. Entweder lege er „die Hände in den Schoß“ oder er „isoliert solche Taten […] und zwar mit einer effektiven und präventiven Bestrafung (Feindstrafrecht)“ (135).
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.44 | 5.42 | 2.323 | 2.35 | 2.331 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Diethelm Klesczewski / Steffi Müller-Mezger / Frank Neuhaus (Hrsg.): Strafrecht in der Zeitenwende Paderborn: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32459-strafrecht-in-der-zeitenwende_38730, veröffentlicht am 19.07.2010. Buch-Nr.: 38730 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken