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Elmar Brähler / Irina Mohr (Hrsg.)

20 Jahre deutsche Einheit – Facetten einer geteilten Wirklichkeit

Gießen: Psychosozial-Verlag 2010 (edition psychosozial); 298 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-8379-2093-2
Zum 20-jährigen Jubiläum der deutschen Wiedervereinigung stellen sich die beiden Herausgeber die Frage: „Teilen wir wiedervereinigten Deutschen […] eine gemeinsame Wirklichkeit?“ (10). Anhand von empirischen Untersuchungsergebnissen soll dieser und ähnlichen Fragen nachgegangen werden. Dabei machen die Herausgeber bereits im Vorwort klar, dass die Erwartung blühender Landschaften „als Entschuldigung [für die] wirtschaftlichen Schäden infolge der mit der D-Mark brachial eingeführten Wirtschafts- und Währungsunion“ (9) diente. Die politische Richtung dieses Buches scheint also bereits durch Titel und Vorwort klar. Für Politologen sei insbesondere auf drei Artikel hingewiesen. Für Irina Mohr ist die negative Bewertung der DDR-Vergangenheit von einem „konservativen Geschichtsbild“ (202) dominiert: Die Nicht-Anerkennung der DDR weist sie exemplarisch für die Bereiche Kunst sowie Bildung und Soziales nach. Sie plädiert deshalb für einen „konstruktiven Streit“, für ein „Ringen um eine gesellschaftliche Idee, die an den Bedürfnissen der Menschen statt am Dogma der Kapitelverwertung ansetzt“ (203). Rolf Reißig, damals Mitautor des SED-SPD-Dialogpapiers vonseiten des ZK, begreift die Wiedervereinigung als einen Transformationsprozess auf beiden Seiten. Es gelte, die Vorstellungen von einer Angleichung mit denen einer Gleichheit und Gleichwertigkeit zu ersetzen. Deshalb seien rein quantitative Aspekte wie etwa Arbeitsproduktivität und Konsumentwicklung als nachrangig für eine Demokratie zu betrachten und stattdessen Partizipation und Bildung stärker zu betonen. Der dritte Artikel stammt von Wolf Wagner und bietet eine Darstellung seiner 1996 erstmals veröffentlichten (und nicht unumstrittenen) These des Kulturschocks. Er meint, dass sich das Verhalten von Menschen, die auf eine neue, fremde Kultur treffen, in vier Phasen einteilen lässt: Euphorie, Entfremdung, Missverständnis, Verständigung. Diesen Ansatz überträgt Wagner auf die Bürger der neuen Bundesländer, die nach der Wiedervereinigung mit der Kultur der Bundesrepublik konfrontiert wurden. Die Autoren der anderen Beiträge beleuchten das Thema deutsche Wiedervereinigung vor allem aus psychologischer, medizinischer, soziologischer oder auch persönlicher Sicht.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.315 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Elmar Brähler / Irina Mohr (Hrsg.): 20 Jahre deutsche Einheit – Facetten einer geteilten Wirklichkeit Gießen: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33022-20-jahre-deutsche-einheit--facetten-einer-geteilten-wirklichkeit_39449, veröffentlicht am 15.12.2010. Buch-Nr.: 39449 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken