Waren die Jahre 1973 bis 1983 die wilden Jahre der europäischen Integration? Dieser und weiteren Fragen gingen die Teilnehmer der dreizehnten Konferenz der Historiker‑Verbindungsgruppe bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach. Sie fand 2010 unter dem Titel „From Crisis to New Dynamics: the European Community, 1974‑1983“ an der Universität Aarhus statt und bildet die Grundlage des Sammelbandes. Nach den 1960er‑Jahren hat sich laut Herausgeber Johnny Laursen nicht nur das wirtschaftliche und politische Umfeld für die Europäische Gemeinschaft geändert, sondern auch ihre strukturellen Grundlagen. Es schien, nach vielen Krisen, ein Zustand der zumindest temporären Stabilität erreicht zu sein. Eine neue gemeinsame Finanzregulierung und vor allem die Agrarpolitik wurden etabliert. Dänemark, Irland und schließlich Großbritannien als damals größte wirtschaftliche und militärische Macht Europas traten der Gemeinschaft bei. Die Ölkrise und der Ausbruch des Jom‑Kippur‑Kriegs 1973 trafen dann aber die wirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedsländer hart und trieben sie zu protektionistischem Verhalten. Deshalb gelten die 1970er‑Jahre, so die Analyse Laursens, als wenig erfolgreiche Zeit der europäischen Integration. Durch die ersten Direktwahlen zum Europäischen Parlament 1979 und den Beitritt Griechenlands 1981, mit dem sich die Gemeinschaft auf zehn Mitglieder erweiterte, hat die Integrationsgeschichte am Ende des Zeitraums aber doch wieder Fahrt aufgenommen. Anne Deighton argumentiert, dass die Geschichte der EG nicht ohne Verbindung zur allgemeinen europäischen und internationalen Geschichte untersucht werden könne. Sie betont in ihrem Beitrag, dass der europäische Integrationsprozess als tief eingebunden in das bipolare System des Ost‑West‑Konflikts verstanden und daher entsprechende Wechselwirkungen der historischen Entwicklungen genauer untersucht werden sollten.