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Joscha Wullweber / Antonia Graf / Maria Behrens (Hrsg.)

Theorien der Internationalen Politischen Ökonomie

Wiesbaden: Springer VS 2013 (Globale Politische Ökonomie); 336 S.; 29,99 €; ISBN 978-3-658-02526-7
Der Band gibt einen gelungenen Überblick über die Vielfalt an Strömungen innerhalb der Internationalen Politischen Ökonomie (IPÖ) – einer Disziplin, die die Autoren als „relativ neu“ (7) im deutschsprachigen Raum bezeichnen. Dass die IPÖ als „Integrationswissenschaft“ an der „Schnittstelle zwischen Politik und Ökonomie“ den Konnex zwischen dem „sozialen Interaktionsfeld Staat und dem sozialen Interaktionsfeld Markt“ (13) herstellt, scheint heute dringlicher denn je. Aber auch der Brückenschlag zwischen den Fachgebieten der Internationalen Beziehungen (IB) und den Wirtschaftswissenschaften scheint heute durch diese „per definitionem interdisziplinäre“ (27) Disziplin der IPÖ notwendig. Angesichts der andernorts anzutreffenden Verengung auf orthodoxe und heterodoxe Ansätze ist es beachtenswert, dass die Herausgeber in ihren Band zum Beispiel auch Beiträge zum Neogramscianismus, zu feministischen Theorien sowie zum kritischen Realismus und Poststrukturalismus aufgenommen haben. Damit wird der Dualismus von einerseits (neo)liberal‑institutionellen Ansätzen, die oft durch Rational‑Choice‑Modelle geprägt werden, und andererseits allen Ansätzen, die sich nicht unter dieses Paradigma subsumieren lassen, aufgebrochen. Hilfreich – gerade für Studierende – dürfte die klare Unterscheidung zwischen ontologischen, epistemologischen und methodologischen Grundlagen aller Ansätze sein, die in der Einführung vorgenommen wird und sich konsequent durch alle Beiträge zieht. Ansonsten sind die Aufsätze von unterschiedlicher Qualität und Prägnanz. Lesenswert ist auf jeden Fall Brigitte Youngs Beitrag zu den unterschiedlichen Liberalismen, weil sie behutsam die verschiedenen Theoriestränge und ihr Wechselverhältnis zueinander aufzeigt und so zu einer Versachlichung des oftmals als Kampfbegriff verwendeten Terminus des Neoliberalismus beiträgt. Für unbedarfte Leser schwieriger zu verstehen sein dürfte der Beitrag von Laura Horn zum Institutionalismus unter Bezugnahme auf Thorstein Veblens Institutionenverständnis. Hier wäre eine explizitere Einordnung des Ansatzes im Kontext von soziologischem und historischem Institutionalismus wünschenswert gewesen. Lobenswert ist, dass im letzten Abschnitt auch theoretische Aspekte problematisiert werden, die einen besonderen Bezug zur gegenwärtigen Krise aufweisen. So widmen sich Marcel Heires und Andreas Nölke in verständlicher Weise dem Phänomen der „Finanzialisierung“ (253) – also der Deregulierung der Finanzmärkte – aus explizit politikwissenschaftlicher Perspektive. Antonia Graf und Doris Fuchs hingegen setzen sich mit dem diskursiven Potenzial des äußerst komplexen Machtbegriffs auseinander – ein mehr als verdienstvolles Unterfangen angesichts der vielfach beklagten Ohnmacht der Politik in der Finanzkrise.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 5.15.455.42 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Joscha Wullweber / Antonia Graf / Maria Behrens (Hrsg.): Theorien der Internationalen Politischen Ökonomie Wiesbaden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36804-theorien-der-internationalen-politischen-oekonomie_45071, veröffentlicht am 27.02.2014. Buch-Nr.: 45071 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken