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Christian Dahl / Tue Andersen Nexö (Hrsg.)

To Be Unfree. Republicanism and Unfreedom in History, Literature, and Philosophy

Bielefeld: transcript Verlag 2014 (Political Science 9); 230 S.; kart., 29,99 €; ISBN 978-3-8376-2174-7
Im Mittelpunkt der Beiträge steht die Frage, welche Relevanz dem Thema Unfreiheit im republikanischen Denken zukommt. Damit ordnet sich der Band in eine Debatte ein, die – als Gegenentwurf zu einem dominanten liberalen Demokratieverständnis – in der Politischen Theorie und Ideengeschichte seit den 1990er‑Jahren eine Revitalisierung republikanischen Denkens zu erreichen versucht. Philip Pettit und Quentin Skinner haben an prominenter Stelle diese Debatte forciert – und beide betonen, so die Herausgeber in ihrer Einleitung, dass der Unterschied zwischen einem liberalen und einem republikanischen Freiheitsverständnis von den jeweils vorherrschenden Freiheitskonzeptionen abhängt. Pettit und Skinner rekurrieren dabei auf Vorstellungen von Nicht‑Beherrschung und Nicht‑Einmischung, beides – in der Terminologie Isaiah Berlins – negative Freiheitsbegriffe. In Ergänzung dazu versuchen die aus unterschiedlichen Disziplinen heraus formulierten Beiträge des Bandes – in kultur‑ und politikwissenschaftlicher sowie in historischer und rechtswissenschaftlicher Perspektive – sich anhand der Beantwortung der Frage „Was heißt Unfreiheit?“ an den Republikanismusbegriff anzunähern. Christian F. Rostbøll unternimmt einen solchen Versuch, indem er in seinem Beitrag Hannah Arendt und Philip Pettit ins Gespräch bringt. Für Arendt, so Rostbøll, bestehe die extremste Form politischer Unfreiheit darin, staatenlos zu sein. Denn Staatenlosigkeit halte den Menschen davon ab, als Bürger in seiner politischen Gemeinschaft einen Beitrag leisten zu können, also jemand zu werden. Diese Analyse einer durch Staatenlosigkeit bedingten Unfreiheit führe, positiv gewendet, zu einem besseren Verständnis republikanischer Praxis. Eine sich als republikanisch verstehende Demokratie müsse sich daran messen lassen, inwieweit sie willkürliche Ausschließung – wie etwa die Staatenlosigkeit – verhindere und zudem konstruktive politische Gestaltungsmöglichkeiten eröffne. Ruth Scurr blickt in ihrem Beitrag zurück in die Zeit der Französischen Revolution, als es einen Konsens darüber gab, wie sie schreibt, dass Frankreich einer republikanischen Regierungsform bedarf, es aber vollkommen unklar war, wie genau eine solche beschaffen sein muss oder wie sie zu erreichen ist. In einer differenzierten Analyse, die unter anderem auf die Texte des Abbé de Sieyès und Maximilien de Robespierre zurückgreift, werden institutionelle Fragen ebenso adressiert (Wie kann die Exekutive in der Ausübung ihrer Kompetenz beschränkt werden?) wie soziale, etwa mit Blick auf den Umgang mit sozialer Ungleichheit oder Unterversorgung. Gerade Letztere sei das größte Problem für die Etablierung der Republik, so Scurr: „Keine Freiheit ohne Essen“ (113).
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Rubrizierung: 2.23 | 5.41 | 5.33 | 2.61 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Christian Dahl / Tue Andersen Nexö (Hrsg.): To Be Unfree. Bielefeld: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37992-to-be-unfree_46267, veröffentlicht am 22.01.2015. Buch-Nr.: 46267 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken