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Nevim Çil

Topographie des Außenseiters. Türkische Generationen und der deutsch-deutsche Wiedervereinigungsprozess

Berlin: Verlag Hans Schiler 2007 (Schriftenreihe Politik und Kultur 9); 304 S.; 32,- €; ISBN 978-3-89930-192-2
Diss. FU Berlin. – Die mit dem Mauerfall und der Wiedervereinigung herbeigeführten gesamtgesellschaftlichen Veränderungen haben auch das Verhältnis zwischen der alten westdeutschen und der neuen gesamtdeutschen Gesellschaft zu den seit langen Jahren in Westdeutschland lebenden türkischen Einwanderern neu bestimmt. Wie diese Veränderungen wahrgenommen wurden und sich jeweils auf die individuelle Position auswirkten, untersucht die Autorin anhand von Interviews mit türkischen Einwanderern und ihren Nachkommen in Berlin, die sie zu ihren Sichtweisen und Positionen über den Mauerfall ebenso wie zu den Brandanschlägen von Mölln und Solingen befragt hat. Sie unterscheidet dabei zwischen der sogenannten Pioniergeneration der von Deutschland angeworbenen Gastarbeiter und verschiedenen Altersklassen der Nachkommengeneration. Mithilfe des Werkes „Etablierte und Außenseiter“ von Elias und Scotson sowie „Moderne und Ambivalenz“ von Zygmunt Baumann sucht sie zu erklären, wie sich die Selbstwahrnehmungen und die soziale Position sowohl innerhalb des türkischen Generationenverhältnisses als auch im Verhältnis zur deutschen (etablierten) Gesellschaft der einzelnen Generationen entwickelten. Dadurch dass sich die Angehörigen der Pioniergeneration nach wie vor über ihr – ursprünglich als Übergangsphase angelegtes – Migrationsprojekt definieren, sind sie bis heute erkennbare Außenseiter geblieben, schreibt Çil, während die Nachkommengeneration „eine Beziehung zur etablierten Welt auf gleicher Augenhöhe“ (259) anstrebte, die sich je nach Altersklasse und Form der Selbstwahrnehmung unterschiedlich darstellte. Für einige „brachten die Ereignisse von 1989/90 eine Enttäuschung, eine Art Kapitulation vor den herrschenden Machtverhältnissen, für die anderen wiederum eine Unterbrechung ihrer Annäherung an die etablierte Gesellschaft mit sich“ (272). Insgesamt macht Çil deutlich, dass die Wiedervereinigung den Ausschluss von Einwanderern als eine Realität sichtbar machte, die bereits vor 1989 zum gelebten Alltag in der Bundesrepublik gehörte.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Nevim Çil: Topographie des Außenseiters. Berlin: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27228-topographie-des-aussenseiters_31837, veröffentlicht am 02.04.2008. Buch-Nr.: 31837 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken