
Trauma und Terror. Zum palästinensischen und tschetschenischen Nationalismus
Die Bedeutung kollektiver Erinnerungen für nationalistische Bewegungen sind längst gut erforscht, doch noch immer werden sozialpsychologische Perspektiven auf politikwissenschaftliche Fragestellungen meist ausgeblendet. Szyszkowitz korrigiert dies in den Fällen Palästinas und Tschetscheniens. Auf wenigen Seiten liefert die Autorin einen guten Überblick über die – oftmals ähnlich verlaufene – Geschichte der Konflikte beider Völker. Sie beschreibt, wie aus Unterdrückung und der traumatischen Vertreibungserfahrung Nationalismus, Fanatismus und extreme Formen der Gewalt entstehen konnten. Kollektive Erinnerungen sind dabei meist entscheidender als reale Not. Gelungen sind auch die Kurzdarstellungen der wichtigsten Führerpersönlichkeiten, die ihrerseits dabei versagt haben, die Konflikte zu beenden. Sowohl in Tschetschenien als auch in Palästina zeigt sich, welch zentrale Bedeutung die psychologischen Verheerungen in den Gesellschaften für das Verständnis der aktuellen Situation und für die Suche nach Lösungen haben. Szyszkowitz sieht demnach in der Anerkennung dieser Problemstellung den ersten Schritt. Viel Platz für Optimismus bleibt dabei aber nicht. Ihr Buch zeigt dessen ungeachtet, wie wichtig die interdisziplinäre Arbeit der Sozialwissenschaften ist. Da es außerdem in einem sehr guten Stil verfasst ist und keinerlei Vorkenntnisse voraussetzt, ist es für alle Leser geeignet, die mehr über den Stand der Forschung zur psychologischen Lage von Palästinensern und Tschetschenen erfahren möchten.