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Adam Jones (Hrsg.)

Völkermord, Kriegsverbrechen und der Westen

Berlin: Parthas 2005; 534 S.; hardc., 38,- €; ISBN 3-86601-390-6
Der Schandfleck der Scheinheiligkeit sei in vielen Demokratien zu finden, schreibt Jones, Professor für Internationale Studien in Mexiko City und zurzeit Associate Research Fellow an der Yale University. Die Scheinheiligkeit bestehe darin, den eigenen Bürgern ein relativ großes Maß an Freiheit und die relative Abwesenheit nackter staatlicher Gewalt zu gewähren, sich aber jenseits der eigenen Grenzen an grauenhaften Taten zu beteiligen oder diese in die Wege zu leiten. Intention dieses Bandes sei, die mit dieser Scheinheiligkeit einhergehende „Kultur der Straflosigkeit“ (23) zumindest zu einem kleinen Teil zu untergraben. Die Versicherungen des Westens, seine Handlungen seien moralisch gerechtfertigt und von der Kritik auszunehmen, seien skeptisch zu beurteilen – die westlichen Staaten seien ebenso unter das moralische Mikroskop zu stellen wie „die anderen“. Jones betont, dass in der Analyse eine möglichst konstruktive Betrachtungsweise angestrebt sei. Das Ziel ist, das Verüben von Kriegsverbrechen und Völkermord aufzuklären und ohne Ausnahme zu delegitimieren. Die Beiträge umfassen das gesamte letzte Jahrhundert und beginnen mit dem Herero-Völkermord durch deutsche Siedler und Soldaten. Bereits im zweiten Beitrag wird dann darauf hingewiesen, dass nicht einmal immer die Gruppen der eigenen Bevölkerung eines demokratischen Staates geschützt sind: In den so genannten Heimschulen in den USA und in Kanada wurden bis vor 20 Jahren indianische Kinder nicht nur zwangsweise ihren Familien und ihrer Kultur entfremdet, sondern durch Mangelernährung und die bewusste Ausbreitung von Infektionskrankheiten dem Tod preisgegeben. Die Chronik endet in diesem beeindruckenden Band, in dem sich die Autoren ausschließlich am Maßstab der unteilbaren Menschenrechte orientieren, mit dem Angriff der USA auf Afghanistan nach dem 11. September 2001. Dieser erscheint als ein Beispiel dafür, wie hinter vorgeschobenen Gründen ganz andere, machtpolitische Pläne verfolgt werden, in denen das Leben von Menschen keine Bedeutung besitzt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.1 | 4.41 | 4.22 | 2.25 | 2.311 | 2.61 | 2.64 | 2.67 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Adam Jones (Hrsg.): Völkermord, Kriegsverbrechen und der Westen Berlin: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23533-voelkermord-kriegsverbrechen-und-der-westen_27018, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 27018 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken