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Christina Ortner

Wie junge Erwachsene die EU sehen und was die Medien dazu beitragen. Zur Bedeutung medienvermittelter Erfahrungen für die Entwicklung von Orientierungen gegenüber der EU

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Lebensweltbezogene Medienforschung: Angebote – Rezeption – Sozialisation 3); 333 S.; 52,- €; ISBN 978-3-8487-1653-1
Diss. Salzburg; Begutachtung: I. Paus‑Hasebrink. – Christina Ortner geht interdisziplinär der Frage nach, „wie junge Erwachsene in Österreich die EU sehen und was die Medien dazu beitragen“ (25). Diese Herangehensweise ist in zweifacher Weise verdienstvoll: Zum einen handelt es sich um einen Mitgliedstaat, der eine lange Tradition europakritischer Haltungen in breiten Teilen der Bevölkerung aufweist. Zum anderen haben Kommunikations‑ und Politikwissenschaft lange Zeit die Mediatorenrolle der Medien bei der Vermittlung von Einstellungen zur EU nur randständig gewürdigt. Deshalb will Ortner in ihrer Fokussierung auf junge Österreicher_innen „die Perspektive der Betroffenen“ (25) in ihre Analyse einbeziehen. Dazu greift sie nicht nur auf entwicklungspsychologische und lerntheoretische Ansätze, sondern auch auf den Uses‑and‑Gratifications‑Ansatz, die Medienwirkungsforschung und „makrogesellschaftliche Funktionstheorien“ (27) zurück. Methodisch‑konzeptionell wurden dazu 30 problemzentrierte Interviews sowie eine standardisierte Online‑Umfrage durchgeführt, an der sich 274 junge Erwachsene beteiligten. Im Theorieteil entwickelt Ortner mit ihrer Definition von „Orientierungen“ als individuellen Mustern, „die sich aus Evaluierungen und psychologischer Involvierung zusammensetzen“ (34), ein Verständnis, das deutlich über den eindimensionalen Begriff der Einstellungen in einschlägigen Umfragen hinausgeht. Orientierungen werden dabei als ein „Resultat von Erfahrungslernen“ (42) durch Medieninhalte modelliert. Diese Lernform finde ganz maßgeblich in den „Mikrosysteme[n] privates soziales Umfeld, Ausbildungsumfeld und Berufsumfeld“ (79) statt. Damit setzt Ortner der in der Literatur oft als unüberwindbar dargestellten Diskrepanz zwischen der vermeintlich abstrakten EU‑Ebene und dem Individuum eine neue Perspektive entgegen. Die Ergebnisse der empirischen Analyse liefern durchaus interessante Erkenntnisse mit Blick auf die integrationstheoretische Literatur. So stellt Ortner fest, dass die „Beziehung des weitaus größten Teils der Befragten zur EU sich als unbeteiligte Akzeptanz beschreiben“ lasse. Es handele es sich dabei um eine „Befürwortung der EU bei begrenzter kognitiver und affektiver Involvierung“ (214). Ihre empirischen Erkenntnisse überführt Ortner in ein „Modell erfahrungsbasierter Orientierungsbildung gegenüber der EU“ (247), das sich trotz einer gewissen Komplexität als Ausgangsbasis für weitere (vergleichende) Forschungsarbeiten dieser Art eignet.
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Rubrizierung: 3.42.42.22 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Christina Ortner: Wie junge Erwachsene die EU sehen und was die Medien dazu beitragen. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39467-wie-junge-erwachsene-die-eu-sehen-und-was-die-medien-dazu-beitragen_46926, veröffentlicht am 03.03.2016. Buch-Nr.: 46926 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken