Skip to main content
Jürgen Fohrmann / Arno Orzessek (Hrsg.)

Zerstreute Öffentlichkeiten. Zur Programmierung des Gemeinsinns

München: Wilhelm Fink Verlag 2002; 216 S.; brosch., 20,- €; ISBN 3-7705-3543-X
Zu den substanziellen Voraussetzungen der klassischen Kategorie der (politischen) Öffentlichkeit gehört u. a. die Annahme, dass ein Publikum von Staatsbürgern willens und in der Lage sei, sich aufgrund ausreichender Informiertheit über Fragen allgemeinen Interesses zu verständigen und auf dem Wege rationaler Auseinandersetzung - stellvertretend für die politische Gemeinschaft - den Prozess einer autonomen Meinungsbildung zu verbürgen. Der damit umschriebene interne Zusammenhang von Demokratie und Öffentlichkeit ist heute - angesichts der unübersehbaren Abhängigkeit politischer Akteure von Mechanismen und Quotenfixierung der Massenmedien - problematisch geworden. Zumal die Vorstellung der einen, als Korrektiv wirkenden Öffentlichkeit muss - mit Blick auf die Ausdifferenzierung von Kommunikationstechnologien und medialen Präsentationsformen - aufgegeben werden zugunsten des komplexen Bildes zerstreuter Öffentlichkeiten, das gleichermaßen die Pluralität von Teilöffentlichkeiten wie deren funktionale Ausrichtung an Entertainment einfängt. Dies jedenfalls war die Ausgangsprämisse eines ebenso thematisch wie in seiner Zusammensetzung interessanten Symposiums, das im September 2000 in Kooperation zwischen dem Bundespresseamt und dem Kulturwissenschaftlichen Seminar der Humboldt-Universität Berlin durchgeführt wurde. Teilgenommen haben Politiker und Vertreter aus Medienforschung und Kulturwissenschaften; der Band enthält die Beiträge der Wissenschaftler. Inhalt: Rudolf Maresch: Weltstaat im Silizium? (13-27); Manfred Fassler: Ungerichteter Gemeinsinn? (29-41); Niels Werber: Kommunikation ohne Interaktion. Thesen zu einem zweiten "Strukturwandel" der Massenmedien (43-51); Angela Keppler: Begrenzung und Entgrenzung. Zur Dialektik medialer Kommunikationen (53-64); Claus Leggewie: Web oder weg - Internet für alle? (65-73); Florian Rötzer: Öffentlichkeit außer Kontrolle. Tendenzen zur Schließung der Online-Öffentlichkeit (75-91); Friedrich Kittler: Techniken der Selektion. Zum Verhältnis von Medien, Politik und Wissenschaft (93-98); Thomas Vesting: Die Freiheit der Netzwerke und die Wissensprobleme staatlicher Institutionen (99-115); Hubert Markl: Die Zukunft - wissenschaftspolitisch betrachtet (117-124); Jürgen Mittelstrass: Gene und Philosopheme (125-128); Ernst Ulrich von Weizsäcker: Kultur in den Biowissenschaften (129-131); Joseph Vogl: Apokalypse als Topos der Medienkritik (133-141); Wolfgang Ernst: Medienanatomie statt Kulturkritik (143-160); Hartmut Böhme: Medialer Machiavellismus (161-168); Siegfried J. Schmidt: Kommerzkommunikation: Konstanten, Paradoxien (169-177); Michael Rutschky: Massenmedien: Kein Bild ohne Text (179-185); Irmela Schneider: Deutschland intim (187-194); Diedrich Diederichsen: Moral, Ironie, Demokratie (195-201); Jürgen Fohrmann: Der Gemeinsinn, die Politik der Ökonomie und die neue Ökonomie der Politik - Gesammelte Gedanken zu den "Zerstreuten Öffentlichkeiten" (203-211).
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.333 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Jürgen Fohrmann / Arno Orzessek (Hrsg.): Zerstreute Öffentlichkeiten. München: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/15065-zerstreute-oeffentlichkeiten_17107, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 17107 Rezension drucken