Nach wie vor verfügen Phänomene wie Zivilgesellschaft, Sozialkapital oder bürgerschaftliches Engagement in der politischen Debatte über ein hohes Ansehen. Von diesen „weichen“ Faktoren wird erwartet, sie könnten - angesichts zunehmender sozialer Spaltungen - Integrationsleistungen übernehmen, zu denen der Markt und förmliche politische Institutionen immer weniger in der Lage seien. Die Autorinnen und Autoren setzen sich kritisch mit diesen Vorannahmen auseinander. Das geschieht in vielen Fällen mit Bezug auf die Arbeiten Putnams - u. a. auf dessen Thesen über den („kausalen“) Zusammenhang von Sozialkapital und Vertrauen, die Annahme, Vertrauen in „face-to-face“-Assoziationen würde per se zu einer Steigerung eines generalisierten politischen Vertrauens führen und schließlich auch die mangelnde Berücksichtigung der „dunklen“, ausschließenden Seiten von Sozialkapital. Die Autoren diskutieren diese Zusammenhänge teils an den theoretisch-begrifflichen Grundlagen von Zivilgesellschaft und Sozialkapital ansetzend (Teil I und II), teils empirisch - hier mit Blick auf die Funktionen, die ethnische Gemeinschaften unter jeweils spezifischen Bedingungen einnehmen (Teil III). Insgesamt demonstriert der Band auf anregende Weise, dass der neuere Stand der Forschung ein sehr differenziertes und stets kontextbezogenes Bild der Beziehungen zwischen Zivilgesellschaft, Sozialkapital und Integration zeichnet. Er ist im Rahmen eines im Juni 2002 durchgeführten Workshops entstanden, der vom Wissenschaftszentrum Berlin, dem Forschungsjournal „Neue Soziale Bewegungen“ und der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft veranstaltet wurde. Aus dem Inhalt: Brigitte Geißel / Kristine Kern / Ansgar Klein / Maria Berger: Einleitung: Integration, Zivilgesellschaft und Sozialkapital (7-15) l. Der Beitrag der Zivilgesellschaft zur politischen und sozialen Integration Ansgar Klein: Einleitung: Arbeiten am Konzept Zivilgesellschaft (19-22) Detlef Pollack: Zivilgesellschaft und Staat in der Demokratie (23-40) Roland Roth: Die dunklen Seiten der Zivilgesellschaft. Grenzen einer zivilgesellschaftlichen Fundierung von Demokratie (41-64) Alexander Thumfart: Kommunen in Ostdeutschland. Der schwierige Weg zur Bürgerkommune (65-84) Volker Heins: Notwendige Illusionen. Zur Rolle der Zivilgesellschaftsnorm in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (85-100) 2. Soziales Kapital: Garant für politische Integration? Brigitte Geißel: Einleitung: Sozialkapital im demokratischen Prozess. Theorieangebote und empirische Befunde (103-107) Kristine Kern: Sozialkapital, Netzwerke und Demokratie (109-129) Kai-Uwe Hellmann: Solidarität, Sozialkapital und Systemvertrauen. Formen sozialer Integration (131-149) Jan Delhey / Kenneth Newton: Determinanten sozialen Vertrauens. Ein international vergleichender Theorientest (151-168) Peter H. Feindt: Motor der Demokratisierung oder der Exklusion? Zur Rolle und Bildung von Sozialkapital in Politiknetzwerken (169-186) 3. Ethnische Gemeinschaften: Brücken zur Integration oder Parallelgesellschaften? Maria Berger: Einleitung: Ethnische Gemeinschaften als Integrationschance? (189-192) Jürgen Fijalkowski: Zur Funktion ethnischer Vereinigungen. Die Resonanz ethnischer Vereinigungen mit Integrations- oder Segregationszielen: Reflexionen zur Hypothesenbildung (193-210) Valentin Rauer: Ethnische Vereine in der Selbst- und Fremdbewertung. Plädoyer für einen relationalen Sozialkapital-Ansatz (211-229) Claudia Diehl: Fördert die Partizipation in ethnischen Vereinen die politische Integration im Aufnahmeland? Theoretische Perspektiven und empirische Evidenzen (231-250) Maria Berger / Christian Galonska / Ruud Koopmans: Integration durch die Hintertür. Ethnisches Sozialkapital und politische Partizipation von Migranten in Berlin (251-272)