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Hans-Jörg Trenz

Zur Konstitution politischer Öffentlichkeit in der Europäischen Union. Zivilgesellschaftliche Subpolitik oder schaupolitische Inszenierung?

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2002 (Regieren in Europa 1); 228 S.; brosch., 39,- €; ISBN 3-7890-8240-6
Das Buch bildet den Auftakt einer neuen Reihe, in der die Ergebnisse des DFG-Forschungsschwerpunkts "Regieren in der EU" veröffentlicht werden. Die Studie ist ein ebenso empirisch wie theoretisch anspruchsvoller Beitrag zum Öffentlichkeitsdefizit der EU, welches der Autor für prinzipiell überwindbar hält. Trenz fragt nach dem Strukturwandel von Öffentlichkeit - als transnationaler Kommunikationszusammenhang - infolge der strukturellen und funktionalen Anpassungsprozesse an das dynamische Mehrebenensystem der EU. Spezifische Erfordernisse sind: Regieren in Netzwerken; Variabilität der Publika aufgrund der Entscheidungspolitik, die es erfordert, Betroffenheit immer wieder neu zu mobilisieren; transnationale Opportunitätsstrukturen, die informelle Praktiken des Lobbyismus dem lauten Protest vorziehen, sowie transnationale Resonanzstrukturen, die eine wechselseitige Durchdringung verschiedener Öffentlichkeitsarenen zur Folge haben. Die drei Fallstudien stehen für unterschiedliche Typen, um Öffentlichkeit symbolisch zu mobilisieren: der Konflikt um die Umsetzung des Schengener-Abkommens im Rat als Form der "symbolischen Außenpolitik", das Europäische Jahr gegen Rassismus als Öffentlichkeitskampagne der Kommission und die vom Europäischen Parlament erhobenen Korruptionsvorwürfe als Typus des politischen Skandals. Hierbei kommt den transnationalen Resonanzstrukturen herausragende Bedeutung zu, insofern sie die Integration europäischer (Teil-)Öffentlichkeiten ermöglichen "über die durch gemeinsame politische Relevanz hergestellte, über Konflikte fortgesetzte, wechselseitige Bezugnahme vormals fragmentierter Sinnzusammenhänge" (183). Im Ergebnis entstehen so eine Vielzahl von Öffentlichkeiten, die durch ihre gegenseitige Beobachtung jedoch nicht fragmentiert, sondern polarisiert sind. Trenz kommt zu dem Schluss, dass kein Mangel an horizontaler, sondern an vertikaler Repräsentation bestehe: in Europa würden nicht zu wenige mitreden, sondern zu wenige zuhören. Dementsprechend müssten Standards für eine "kommunikative Demokratie" für Europa entwickelt werden.
Gabriele Abels (GAB)
Prof. Dr., Professur für Innen- und EU-Politik, Universität Tübingen.
Rubrizierung: 3.4 Empfohlene Zitierweise: Gabriele Abels, Rezension zu: Hans-Jörg Trenz: Zur Konstitution politischer Öffentlichkeit in der Europäischen Union. Baden-Baden: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/18171-zur-konstitution-politischer-oeffentlichkeit-in-der-europaeischen-union_20992, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 20992 Rezension drucken