/ 12.06.2013
Harald Ermisch
Minderheitenschutz ins Grundgesetz? Die politische Diskussion über den Schutz ethnischer Minderheiten in der BRD im Rahmen der Beratungen der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat
Münster: Lit 2000 (Schriftenreihe der Stipendiatinnen und Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung 6); X, 258, 28 S.; brosch., 25,46 €; ISBN 3-8258-4740-3Politikwiss. Diss. Göttingen; Gutachter: W. Euchner, R. Süssmuth. - Anlass der Studie zur aktuellen rechtlichen, politischen und sozialen Situation ethnischer Minderheiten im wiedervereinigten Deutschland ist die Diskussion zur Einführung eines Zusatzes zur Achtung der Identität von ethnischen, kulturellen und sprachlichen Minderheiten im Grundgesetz. Trotz einer überraschenden Einigung innerhalb der aus dem Einigungsvertrag hervorgegangenen Kommission zur Überführung des Grundgesetzes in eine g...
Harald Ermisch
Minderheitenschutz ins Grundgesetz? Die politische Diskussion über den Schutz ethnischer Minderheiten in der BRD im Rahmen der Beratungen der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat
Münster: Lit 2000 (Schriftenreihe der Stipendiatinnen und Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung 6); X, 258, 28 S.; brosch., 25,46 €; ISBN 3-8258-4740-3Politikwiss. Diss. Göttingen; Gutachter: W. Euchner, R. Süssmuth. - Anlass der Studie zur aktuellen rechtlichen, politischen und sozialen Situation ethnischer Minderheiten im wiedervereinigten Deutschland ist die Diskussion zur Einführung eines Zusatzes zur Achtung der Identität von ethnischen, kulturellen und sprachlichen Minderheiten im Grundgesetz. Trotz einer überraschenden Einigung innerhalb der aus dem Einigungsvertrag hervorgegangenen Kommission zur Überführung des Grundgesetzes in eine gesamtdeutsche Verfassung scheiterte jedoch Artikel 20 b GG schließlich an der Abstimmung im Bundestag. Ermisch analysiert zunächst ausführlich die begrifflich-theoretischen Ansätze bezüglich der Definition von Volk, Nation und Minderheit, die entsprechenden Interessengruppen und Parteien innerhalb der Verfassungskommission und im Bundestag zugeordnet werden können. In einem weiteren Schritt werden die sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen der ethnischen Minderheiten deutscher Staatsbürgerschaft sowie von Einwanderergruppen dargestellt. Wenngleich in der Verfassungskommission selbst ideologische und parteipolitische Vorgaben weitgehend ausgeschlossen werden konnten, war die Abstimmung im Bundestag stärker von den Konfrontationslinien zwischen eher konservativen und eher liberalen Interpretationen des Begriffes der Nation - als eine ethnisch homogene, "geschlossene" Gesellschaft oder kulturell "offen" und ausschließlich politisch definiert -, bestimmt. Die Studie belegt durch offizielle Erklärungen und Dokumente sowie anhand einer Interviewreihe mit Kommissionsmitgliedern den engen Zusammenhang zwischen Nationbegriff und dem Abstimmungsverhalten über die Festschreibung des Minderheitenschutzes im Grundgesetz. Besonders differenziert betrachtet der Autor die CDU/CSU-Fraktion, die im Bundestag mit wenigen Ausnahmen der Empfehlung des Ausschusses nicht folgte. Gleichwohl gehörten zu den wenigen Abweichlern im konservativen Lager auch Vertriebenenpolitiker, die durch ihre Zustimmung offenbar dem Argument folgten, "man könne in bezug auf Minderheiten nicht von anderen Staaten erwarten, was in der eigenen Verfassung nicht anzutreffen ist" (223). Dass auch in Deutschland weitere Bemühungen zum Minderheitenschutz geboten sind, versucht Ermisch am Beispiel der deutschen Sinti und Roma zu belegen, deren rechtliche Stellung nicht mit denen der dänischen oder sorbischen Minderheit zu vergleichen ist. Mit dem Scheitern von Artikel 20 b GG, so der Autor, sei eine historische Chance vertan.
Inhaltsübersicht: Theoretischer Bezugsrahmen - Definitionen; Minderheiten in Deutschland; Internationales und nationales Minderheitenschutzrecht; Die Gemeinsame Verfassungskommission; Beratungen der Gemeinsamen Verfassungskommission zum Minderheitenschutz; Minderheitenpolitik zwischen ethnischer und politischer Definition der Nation.
Andreas Eis (AE)
Jun.-Prof. Dr., Didaktik des politischen Unterrichts und der politischen Bildung, Institut für Sozialwissenschaften Oldenburg, Fakultät I.
Rubrizierung: 2.32 | 2.35
Empfohlene Zitierweise: Andreas Eis, Rezension zu: Harald Ermisch: Minderheitenschutz ins Grundgesetz? Münster: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/13552-minderheitenschutz-ins-grundgesetz_16235, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 16235
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Jun.-Prof. Dr., Didaktik des politischen Unterrichts und der politischen Bildung, Institut für Sozialwissenschaften Oldenburg, Fakultät I.
CC-BY-NC-SA
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