Radikalisierung und Terrorismus
Terroranschläge sind Ausdruck politischer Gewalt und durch Extremismus, Fundamentalismus oder politische Gegnerschaft motiviert. Terrorismusforscher*innen blicken daher unter anderem auf Phasen der Rekrutierung, Vernetzung und Mobilisierung, bis hin zur verdeckten Vorbereitung von Angriffen. Daneben werden Verfahren zur Terrorismusbekämpfung und Radikalisierungsprävention untersucht.
Terrorismus soll stets Angst und Schrecken in einer Bevölkerung verbreiten, oft, um politische Ziele zu erreichen. Die Wissenschaft untersucht daher seine Strategien, Auswirkungen und mögliche Gegenmaßnahmen. Dabei kommen interdisziplinäre (Theorie-)Ansätze zur Anwendung, etwa aus Kriminologie, Sicherheitsstudien, Psychologie oder Konfliktforschung. Beim Monitoring von Aktivitäten im Bereich politischer Gewalt sind neben terroristischen Anschlägen im analogen öffentlichen Raum auch terroristische Gefährdungspotenziale durch Cyberangriffe auf Infrastrukturen sowie die Bedrohung politischer Gegner oder Desinformation mitzudenken.
Die Terrorismusforschung blickt meist aus zwei unterschiedlichen Perspektiven auf den Untersuchungsgegenstand: (1) Die staatliche Sicherheitsperspektive fokussiert eher darauf, wie Staaten und Sicherheitskräfte auf terroristische Bedrohungen reagieren und diese bekämpfen (Anti-Terror-Maßnahmen, Counter-Insurgency-Operationen, Geheimdienstarbeit, Gesetzesvollzug und militärische Interventionen). Darüber hinaus werden die Effektivität sowie potenzielle Auswirkungen der Maßnahmen auf die internationalen Beziehungen untersucht. (2) Die kriminologische Perspektive hingegen betrachtet Terrorismus als eine Form von organisierter Kriminalität, sodass Fragen nach der Entstehung, Entwicklung und Bekämpfung terroristischer Gruppen im Vordergrund stehen. Dazu gehören Strukturen und Aktivitäten terroristischer Organisationen, die Rolle von Kriminalität in der Terrorismusfinanzierung sowie die rechtlichen und polizeilichen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung. Die Politikwissenschaft reflektiert dabei auch die Rolle der internationalen Gemeinschaft, der Medien und anderer Akteure bei der Terrorismusbekämpfung sowie die Auswirkungen von Anti-Terror-Gesetzgebung und -maßnahmen, beispielsweise auf die Bürgerrechte und die politische Landschaft insgesamt.
Zudem werden die Dynamiken von Radikalisierung und Extremismus untersucht, die oft zu terroristischen Aktivitäten und Angriffen führen. Politische Radikalisierung bezeichnet dabei den Prozess, durch den Individuen oder Gruppen zunehmend extreme politische Überzeugungen entwickeln und bereit sind, gewaltsame oder illegale Mittel einzusetzen, um politische Ziele zu erreichen. Dies kann durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden, darunter persönliche Erfahrungen, ideologische Indoktrination, soziale Dynamiken und politische Ereignisse.
Besonders relevant ist, wie extremistische Gruppierungen mit ihren Anhänger*innen kommunizieren und diese in ihren Netzwerken halten, aber auch welche sozialen Bedingungen dabei wirken. Inhaltlich arbeiten extremistische Gruppen nicht selten mit Strategien der Neuetikettierung alter Ideologien, Diskurse oder religiöser Auslegungen: Etablierte politische Strukturen werden so nicht immer gleich direkt angegriffen; man nutzt vielfach zunächst innere Widersprüche einer Religion oder einer politischen Kultur, um Begrifflichkeiten für sich neu zu besetzen. Digitale Plattformen helfen extremistischen Gruppierungen beispielsweise, gesellschaftliche Diskurse gezielt aufzuheizen oder ihre Anhänger*innen zu mobilisieren. Forschungsdesigns werten darauf aufbauend Potenziale aus, wie all dem durch Prävention und Deradikalisierungsstrategien begegnet werden kann. Beispiele hierfür sind Programme zur Deradikalisierung, für die Wissenschaftler*innen fachübergreifend den Prozess der Abkehr einer Person von extremistischen Handlungen untersuchen.
All diese Forschungsansätze und Perspektiven haben das übergreifende Ziel, Einblicke in strategische, technische und psychologische Aspekte von Radikalisierung, Extremismus und Terrorismus zu gewinnen. Dieses Themenfeld widmet sich daher unter anderem folgenden Fragen: Welche Formen kann politische Gewalt annehmen, welche Ziele werden verfolgt? Wie können Gefährdungspotenziale für die öffentliche Sicherheit identifiziert und minimiert, bzw. bekämpft werden? Welche Motivationen und Ideologien sind als treibende Kräfte für Radikalisierung und Terrorismus identifizierbar? In welchen Phasen vollziehen sich die vorgelagerten Radikalisierungsprozesse? Und wie kann Personen geholfen werden, sich von extremistischen Handlungen abzuwenden?
Radikalisierung und Terrorismus
Forschungseinrichtungen und Think Tanks
Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Abteilung Terrorismus- und Radikalisierungsforschung
The International Centre for the Study of Radicalisation (ICSR)
Stiftung Wissenschaft und Politik, Forschungsgebiet: Nichtstaatliche Gewalt
Middle East Institute, Forschungs-
programm Countering Terrorism & Extremism (MEI)
Das MEI strebt nach einem lokal-begründeten Verständnis von heutigen und künftigen Gefährdungen, damit diesen entgegengewirkt werden kann.
Weiterführende Links
Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV): Rechtsextremismus
Das BfV stellt Daten und Publikationen zu nationalistischen, antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gruppierungen vor.