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Demokratie und Frieden

Demokratie durch Frieden – Frieden durch Demokratie?

Demokratie und Frieden gehören nicht nur zu den wichtigsten Begriffen der Politikwissenschaft, sondern sie bedingen sich nach unserem Verständnis auch gegenseitig. Während der Themenschwerpunkt „Demokratie und Frieden“ insgesamt einem breiten Verständnis beider Begriffe folgt, soll hier explizit die Schnittmenge von parlamentarischer Demokratie sowie innerem und äußerem Frieden in den Blick genommen werden.

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Anhand aktueller politikwissenschaftlicher Erkenntnisse soll verdeutlicht werden, welche Wechselwirkungen zwischen Demokratie und Frieden in der Praxis bestehen. Dazu werden Befunde aus den Themenfeldern „Außen- und Sicherheitspolitik“ und „Repräsentation und Parlamentarismus“ miteinander in Verbindung gebracht.

Dazu gehören beispielsweise Forschungsbeiträge zum "Demokratischen Frieden“. Diese einflussreiche Theorie geht bis auf den Aufklärer Immanuel Kant zurück und stellt einen direkten Zusammenhang zwischen der inneren Verfasstheit eines Staates und seiner außenpolitischen Friedfertigkeit her und konstatiert, dass Demokratien keine Kriege gegen andere Demokratien führen. Tatsächlich hat sich dieser Zusammenhang so häufig gezeigt, dass die Theorie des „demokratischen Friedens“ teilweise in den Rang eines Quasi-Gesetzes der internationalen Beziehungen erhoben wurde. Dabei hat sich in der Forschung ein interessanter Doppelbefund etabliert: Während Demokratien untereinander in der Regel keine Kriege führen, sind sie insgesamt ebenso häufig in bewaffnete Konflikte verwickelt wie Nicht-Demokratien. Dies deutet darauf hin, dass Demokratien, obwohl sie sich untereinander kooperativ verhalten, zumindest in außenpolitischer Hinsicht keine inhärent friedlichen Systeme sind. Beispielsweise existieren ausgesprochen „kriegsfreudige“ Demokratien, sodass in der Forschung teilweise vom „Demokratischen Krieg“ als der Schattenseite des „Demokratischen Friedens“ gesprochen wird.

Eng mit dem Forschungsprogramm des „Demokratischen Friedens“ verbunden sind internationale Organisationen und das Völkerrecht. So wird ihnen in vielen politikwissenschaftlichen Denkschulen eine demokratisierende und friedensstiftende Rolle zugeschrieben. Als Grundpfeiler der westlich geprägten liberalen Weltordnung sind sie primär im Themenfeld „Internationale Ordnung und Institutionen“ zu finden, sollen aber auch unter diesem Thema hier behandelt werden, sofern sie sich explizit mit der Wechselwirkung von Demokratie und Frieden befassen. Entsprechende Fragestellungen wären etwa die Rolle von Demokratien in Friedensmissionen, menschenrechtliche Begründungen für militärische Interventionen oder Forderungen nach einer Demokratisierung des UN-Sicherheitsrates. Geradezu idealtypisch verkörpert wird das Zusammentreffen von Demokratie und Frieden im Konzept der Menschenrechte. Diese sind in der Würde jedes Menschen begründet und umfassen neben politischen und bürgerlichen Rechten auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, deren Verwirklichung nur in demokratischen und friedlichen Verhältnissen denkbar ist. Menschenrechte sind somit sowohl Garant als auch logische Konsequenz von Demokratie und Frieden.

Weitere Themen dieses Bereichs finden sich überall dort, wo außen- und sicherheitspolitische Fragen innerhalb eines demokratischen Systems verhandelt werden. Dies betrifft etwa die elektoralen Konsequenzen außenpolitischer Entscheidungen, die Bedeutung gesellschaftlicher Selbstverständnisse für außenpolitische Rollenkonzepte oder die parlamentarische Kontrolle von Militär und Geheimdiensten. So gilt Außenpolitik zwar als klassische Domäne der Regierungen, bei genauerem Hinsehen wird jedoch schnell deutlich, dass auch andere demokratische Akteure erheblichen Einfluss auf außenpolitische Entscheidungen haben. Neben solchen analytischen Fragen lassen sich auch normative Fragestellungen identifizieren, wie etwa die nach der idealen Balance zwischen dem demokratischen Erfordernis einer informierten Öffentlichkeit und der Notwendigkeit der Geheimhaltung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse für effektives außenpolitisches Handeln.

Darüber hinaus geht es auch um Fragen, in denen die Etablierung und Stärkung von Demokratie ein außenpolitisches Ziel von Staaten ist, etwa im Kontext der externen Demokratieförderung oder der Demokratisierung in Post-Konflikt-Gesellschaften. Auch wenn die Friedensförderung durch „Demokratieexport“ in ihrer praktischen Umsetzung teilweise gescheitert ist, so bleibt die Demokratisierung von Nachkriegsgesellschaften doch ein wichtiges Ziel für Demokratien. Damit dies gelingen kann, sind der (Wieder-)Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen und demokratisch kontrollierter Sicherheitskräfte, die Achtung der Menschenrechte und die Gewaltenteilung von entscheidender Bedeutung.

Diese Skizzierung möglicher Schnittmengen soll auf der einen Seite zeigen, wie zahlreich die Zusammenhänge zwischen Demokratie und Frieden sind. Auf der anderen Seite soll sie bereits andeuten, dass das Verhältnis beider Konzepte komplex ist. Denn so sehr Demokratie und Frieden aufeinander angewiesen sind, so sehr können in der praktischen Umsetzung auch Komplikationen auftreten, die einer näheren politikwissenschaftlichen Untersuchung wert sind.

Europa und EU: auf dem Weg zur Eigenständigkeit?


Forschungseinrichtungen und Think Tanks


Stiftung Wissenschaft und Politik, Forschungsgruppe: EU/Europa

Analysen zu den zentralen Herausforderungen der EU und Europas. Im Fokus stehen Politikfelder, Prozesse und Interessen, die das Handeln der EU und ihrer Mitgliedstaaten prägen.

European Union Institute for Security Studies (EUISS)

Die EUISS forscht zu sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen der Union und ihrer Mitgliedstaaten.

Institut für Europäische Politik (IEP)

Das IEP widmet sich europäischer Politik und Integration in Forschung, Forum und Fortbildungen.

Hertie School Jacques Delors Centre

Das Jacques Delors Centre betreibt empirisch fundierte EU-Forschung aus rechts-, politik- und wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive.

Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen (AOZ, DGAP)

Das AOZ befasst sich damit, wie die EU in ihren Entscheidungen und Handlungen strategischer werden kann und was dies von Deutschland erfordert.

European Council on Foreign Relations (ECFR)

Analysen aus Berlin, London, Madrid, Paris, Rom, Sofia und Warschau zu europäischer Außen- und Sicherheitspolitik.

European Policy Centre (EPC)

Das EPC widmet sich der Stärkung der europäischen Integration mit Analysen und Debatten.


Weiterführende Links

integration - Vierteljahresschrift
des Instituts für Europäische Politik
in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Europäische Integration

Die Zeitschrift Integration befasst sich mit Grundsatzfragen der europäischen Integration. Darüber hinaus werden aktuelle Probleme der Europapolitik aus politischer und akademischer Perspektive diskutiert.