/ 12.06.2013
Hubertus Buchstein
Öffentliche und geheime Stimmabgabe. Eine wahlrechtshistorische und ideengeschichtliche Studie
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2000 (Veröffentlichungen aus dem DFG-Schwerpunktprogramm Theorie politischer Institutionen); 747 S.; ISBN 3-7890-6673-7Politikwiss. Habilitationsschrift FU Berlin; Gutachter: G. Göhler. – Dass die Stimmabgabe geheim zu erfolgen hat, gilt einerseits heute in Politikwissenschaft und Staatsrechtslehre neben der Freiheit und der Gleichheit der Wahl als selbstverständliche Grundlage demokratischer Wahlen, ist Bestandteil der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Art. 21) und in Deutschland sogar strafbewehrte Pflicht (§ 107c StGB). Buchstein waren andererseits die zunehmende Anzahl von Briefwählern, die den...
Hubertus Buchstein
Öffentliche und geheime Stimmabgabe. Eine wahlrechtshistorische und ideengeschichtliche Studie
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2000 (Veröffentlichungen aus dem DFG-Schwerpunktprogramm Theorie politischer Institutionen); 747 S.; geb., 168,- DM; ISBN 3-7890-6673-7Politikwiss. Habilitationsschrift FU Berlin; Gutachter: G. Göhler. – Dass die Stimmabgabe geheim zu erfolgen hat, gilt einerseits heute in Politikwissenschaft und Staatsrechtslehre neben der Freiheit und der Gleichheit der Wahl als selbstverständliche Grundlage demokratischer Wahlen, ist Bestandteil der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Art. 21) und in Deutschland sogar strafbewehrte Pflicht (§ 107c StGB). Buchstein waren andererseits die zunehmende Anzahl von Briefwählern, die denkbaren Geheimhaltungsprobleme bei zukünftigen Wahlen per Computer von daheim sowie die in den Neunzigerjahren von verschiedensten Seiten geäußerte Grundsatzkritik an der geheimen Wahl Anlass, erstmals einen national wie international umfassenden Überblick über die Genese dieses Prinzips und über die Diskussionen darüber zu erarbeiten. Die sehr umfangreiche Studie umfasst wohl alle wichtigen Beispiele von der Antike bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, wobei der wahlhistorische und der ideengeschichtliche Untersuchungsstrang abschnittsweise parallel verfolgt werden. Einzelne Wahlverfahren, Argumente der Gegner wie Befürworter der geheimen Wahl werden ebenso dargestellt und analysiert wie die Folgen ihrer nahezu weltweiten Einführung bis zum Ersten Weltkrieg. Besonders ergiebig sind die historischen Forschungen zu den USA sowie den englischen Kolonien und den Staaten der Konföderation als ihren historischen Vorläufern. Insgesamt stellt sich heraus, dass die heute weithin angenommene "exklusive Beziehung zwischen Geheimwahl und Demokratie [...] das Resultat einer Blickverengung [ist], die sich erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts eingeschliffen hat" (679).
Buchstein regt neben der Gesamtschau seiner speziellen Thematik en passant zum Nachdenken über die Frage "Was ist der Zweck und Sinn des Wählens?" (39) beziehungsweise den materiellen Zusammenhang von Wahlen und Demokratie an und liefert so nebenbei auch eine ansehnliche Geschichte der Demokratie und ihrer Theorie. Die unbeschadet diverser orthographischer Fehler gut lesbare, bei allem Detailreichtum stets systematische Studie – u. a. mit 47 Tabellen und einem umfangreichen Namensregister - empfiehlt sich als Referenz auf ihrem Gebiet.
Inhaltsübersicht: 2. Wahlen und Abstimmungen in der Antike; 3. Öffentliche und geheime Stimmabgabe in der Politischen Theorie der Antike; 4. "Viva Voce" und "Ballotte" als neuzeitliche Wahlverfahrensparadigmen; 5. Wahlen in den englischen Kolonien Nordamerikas (1630-1776); 6. Die Durchsetzung der Geheimwahl in Australien und Europa im 19. Jahrhundert; 7. Öffentliche Stimmabgabe und Demokratisierung in den USA (1776-1864); 8. Die Durchsetzung der Geheimwahl in den USA (1865-1900); 9. Die Argumente für die geheime Stimmabgabe im 19. Jahrhundert; 10. Die Argumente für die öffentliche Stimmabgabe im 19. Jahrhundert; 11. Schluß: Demokratie und die Form der Stimmabgabe.
Andreas Beckmann (AB)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaften, Bereich Politikwissenschaft, Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.22
Empfohlene Zitierweise: Andreas Beckmann, Rezension zu: Hubertus Buchstein: Öffentliche und geheime Stimmabgabe. Baden-Baden: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/13483-oeffentliche-und-geheime-stimmabgabe_16154, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 16154
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M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaften, Bereich Politikwissenschaft, Universität Kiel.
CC-BY-NC-SA
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