/ 11.06.2013

Christian von Ditfurth
SPD - eine Partei gibt sich auf
Berlin: Henschel 2000; 352 S.; ISBN 3-89487-366-3"Mein Experiment SPD ist zu Ende." Mit diesen Worten schließt von Ditfurth, der von Januar 1998 bis zum Sommer 1999 Mitglied der Partei war, seinen Bericht über die programmatische Entwicklung der SPD von ihrer Gründung bis heute. Leitmotiv des gut lesbaren historischen Essays, der theoretische Diskussionen ebenso einbezieht wie politische Ereignisse, ist die Frage nach der Identität, verstanden als "in Ideen und Mentalitäten geronnene Geschichte" (21). Die Besonderheit der Identität der SPD lag...

Christian von Ditfurth
SPD - eine Partei gibt sich auf
Berlin: Henschel 2000; 352 S.; geb., 48,- DM; ISBN 3-89487-366-3"Mein Experiment SPD ist zu Ende." Mit diesen Worten schließt von Ditfurth, der von Januar 1998 bis zum Sommer 1999 Mitglied der Partei war, seinen Bericht über die programmatische Entwicklung der SPD von ihrer Gründung bis heute. Leitmotiv des gut lesbaren historischen Essays, der theoretische Diskussionen ebenso einbezieht wie politische Ereignisse, ist die Frage nach der Identität, verstanden als "in Ideen und Mentalitäten geronnene Geschichte" (21). Die Besonderheit der Identität der SPD lag nach von Ditfurth in den "über die Praxis hinausweisenden Ziele[n] der Partei, wie sie in den Programmen beschrieben waren" (270). Dabei hat der Zwiespalt zwischen Programmen und politischer Praxis, seit dem "Sündenfall" der Zustimmung zu den Kriegskrediten 1914, die Glaubwürdigkeit der SPD immer wieder infrage gestellt. "Die SPD hat viele Identitätskrisen durchlitten, aber doch immer wieder Identitätsverluste durch Gewinne ausgleichen können." (285) Von Ditfurths Fazit für die heutige SPD unter ihrem Vorsitzenden Gerhard Schröder fällt düster aus: "Schröder ist der ideale Medienkanzler. Das spricht für ihn. Wenn das Spektakel aber vorbei sein wird, dann wird die Sozialdemokratie ohne Identität und ohne Medienkanzler dastehen." (306) Im Urteil von Ditfurths hat sich die Partei von ihrer "Urforderung nach sozialer Gerechtigkeit" (25) verabschiedet und damit überflüssig gemacht. In den Text eingestreut sind Auszüge aus theoretischen Schriften, Parteiprogrammen und anderen Dokumenten. Im Anhang sind zwei Papiere dokumentiert, die das Spektrum der heutigen SPD widerspiegeln: das sogenannte "Schröder-Blair-Papier" und ein Positionspapier von SPD-Linken in der Bundestagsfraktion.
Inhaltsübersicht: Ein stinkender Leichnam: Über meinen Hass auf die Sozialdemokratie; Eduard Bernsteins Grundlegung des demokratischen Sozialismus; Das erste Gefecht: Die parteioffizielle Niederlage des demokratischen Sozialismus; Opfer für den Zukunftsstaat: Die SPD und der große Krieg; Einer muss der Bluthund sein: Der demokratische Sozialismus an der Macht; Sozialismus ist das Ziel: Die Weimarer Bewährungsprobe des demokratischen Sozialismus; Sozialismus als Tagesaufgabe: Der Neuanfang des demokratischen Sozialismus; Schröder: Die SPD macht sich überflüssig.
Julia von Blumenthal (JB)
Prof. Dr., Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin.
Rubrizierung: 2.331 | 2.33
Empfohlene Zitierweise: Julia von Blumenthal, Rezension zu: Christian von Ditfurth: SPD - eine Partei gibt sich auf Berlin: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/13071-spd---eine-partei-gibt-sich-auf_15660, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 15660
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Prof. Dr., Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin.
CC-BY-NC-SA
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