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/ 12.06.2013
Johann Baptist Müller

Werteverfassung und Werteverfall. Eine kulturkritische Betrachtung

Berlin: Duncker & Humblot 2000 (Studien und Texte zur Erforschung des Konservatismus 2); 128 S.; 24,54 €; ISBN 3-428-10328-9
Zwar setzt Müller mit der in der Wertediskussion vielfach gestellten Frage ein, ob wir heute mit einem tiefgreifenden Werteverfall konfrontiert seien oder ob wir es - lediglich - mit einem Wertewandel zu tun hätten (8), doch diese zweite Lesart (die sich übrigens auch viel stärker der sozialwissenschaftlichen Werteforschung öffnen müsste als es der Autor tut) spielt im Verlauf der Darstellung keine systematische Rolle. Vielmehr ist Müller überzeugt, dass die "heutige Werteverschiebung ein defizi...
Johann Baptist Müller

Werteverfassung und Werteverfall. Eine kulturkritische Betrachtung

Berlin: Duncker & Humblot 2000 (Studien und Texte zur Erforschung des Konservatismus 2); 128 S.; 24,54 €; ISBN 3-428-10328-9
Zwar setzt Müller mit der in der Wertediskussion vielfach gestellten Frage ein, ob wir heute mit einem tiefgreifenden Werteverfall konfrontiert seien oder ob wir es - lediglich - mit einem Wertewandel zu tun hätten (8), doch diese zweite Lesart (die sich übrigens auch viel stärker der sozialwissenschaftlichen Werteforschung öffnen müsste als es der Autor tut) spielt im Verlauf der Darstellung keine systematische Rolle. Vielmehr ist Müller überzeugt, dass die "heutige Werteverschiebung ein defizientes Vorzeichen aufweist" (15), weil sie sich von einer "objektiv gültigen Ethik" (99) verabschiedet habe, die letztlich in der "Tradition des christlichen Abendlandes" fundiert sei (100). Dementsprechend sieht der Autor im Rekurs auf diese Tradition eine reale Möglichkeit, die gegenwärtige Wertekrise zu überwinden (109). Was immer man von dieser Perspektive halten mag: methodisch problematisch erscheint jedenfalls das Verfahren, mit dem Müller seine Befunde präsentiert. Sowohl im "kulturanalytischen" Abschnitt (16 ff.) wie in den Passagen, die sich mit den "geistesgeschichtlichen Ursachen des Werteverfalls" auseinandersetzen (53 ff.) - dabei kommt es in der Substanz zu Überschneidungen: Kritik des Szientismus und Ökonomismus hier und des Liberalismus und Sozialismus dort - verbleibt die Darstellung über weite Strecken im Arrangement von Meinungen höchst unterschiedlicher (historischer, theoretischer und professioneller) Provenienz, ohne dass sich der Autor auf eine argumentative Auseinandersetzung einließe, die über die Ausgangsprämisse des Werteverfalls erkennbar hinausginge. Inhalt: I. Die Werteverschiebung unserer Zeit im Horizonte der historischen Entwicklung. II. Die Werteverfassung der modernen Sozietät: 1. Der Werteverfall in kulturanalytischer Perspektive; 2. Die Werteproblematik in der Wettbewerbs- und Wohlstandsgesellschaft; 3. Die Werteausrichtung in der szientifischen Sozietät und ihre wertrelativistische Wissenschaft; 4. Die Werteverfallsthese im Horizonte ihrer Kritiker. III. Geistesgeschichtliche Ursachen des Werteverfalls: 1. Nominalismus, Humanismus. Aufklärung und Liberalismus; 2. Machtverherrlichung, Evolutionismus und Sozialdarwinismus; 3. Die Klassentheorie des Marxismus und die Rassenideologie des Nationalsozialismus; 4. Die Kulturrevolution der Neuen Linken. IV. Der Ausweg aus der Wertekrise.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.235.425.44 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Johann Baptist Müller: Werteverfassung und Werteverfall. Berlin: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/13907-werteverfassung-und-werteverfall_16669, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 16669 Rezension drucken
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