
Werner J. Patzelt: Ungarn verstehen. Geschichte – Staat - Politik
Werner J. Patzelt möchte unser Bild Ungarns korrigieren. Inhaltlich berichtet sein Buch über die Historie des Magyarenstaates, über Polarisierung und wägt Argumente sowie Kritik an einer den „wahren Volkswillen“ interpretierenden Politik durch den national-konservativen FIDESZ ab. Als Forschungsdirektor des der ungarischen Regierung nahestehenden Mathias Corvinus Collegiums (MCC) in Brüssel zeichne er dabei „ein vergleichsweise positives Bild“ des politischen Systems unter Viktor Orbán, so unser Rezensent Sven Leunig. Im Resultat sieht Leunig einen Blickwinkel auf die Politik und Kultur Ungarns, der aber nicht auf wissenschaftlichen Standards beruhe.
Fedor Ruhose: Rechtspopulismus in der Opposition. Die AfD-Fraktion im Bundestag (2017-2021)
Fedor Ruhose analysiert in seiner Dissertation das parlamentarische Verhalten der rechtspopulistischen AfD im Bundestag in der Wahlperiode von 2017 bis 2021. Sie fokussiere sich auf ihre Kernthemen und nutze Provokationen, um Aufmerksamkeit zu generieren. Trotz zunehmender Versuche, inhaltliche Alternativen im Stile einer klassischen Oppositionspartei zu formulieren, sei die AfD im Untersuchungszeitraum daher als „destruktive Opposition“ zu klassifizieren. Abschließend diskutiert Ruhose die Reaktionen der anderen Fraktionen auf die AfD und die Zukunftsperspektiven der Partei.
Melani Barlai, Florian Hartleb, Dániel Mikecz: Das politische System Ungarns
Mit diesem Lehrbuch für angehende Forscher*innen möchten Melani Barlai, Florian Hartleb und Dániel Mikecz das Regierungssystem Ungarns „nüchtern, aber doch faktenreich analysieren“, indem es die Entwicklungen seit 2010 unter die Lupe nimmt. Sven Leunig hat das Buch für uns gelesen, welches einen Bogen zwischen institutionellen und gesellschaftlichen Änderungen spannt und dabei stets nach den Effekten auf die Demokratiequalität fragt. Es schließe im Ergebnis mit verschiedenen Zukunftsszenarien für dieses europäische Land, welches von „einer Revolution von oben“ erfasst worden sei.
Fedor Ruhose: Parlamentsfraktionen – Aufbau, Funktion, Arbeitsweise
Laut Rezensent Sven Leunig blickt Fedor Ruhose aus berufener Feder – er war Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz – „in den Maschinenraum der Politik“, indem er eine „kurze und allgemeinverständliche Darstellung von Bedeutung, Arbeitsweise und Wandel der Aufgaben von Parlamentsfraktionen“ präsentiert. Der Autor sieht in ihnen „besondere Machtfaktoren deutscher Politik“ und schreibt ihnen eine „parteifördernde Funktion“ zu. Leunig bemerkt zwar, dass einige Themen aufgrund der Kürze des Werkes nur angerissen werden, doch für politikwissenschaftliche Laien könne diese Publikation von Nutzen sein.
Ellen Bos / Astrid Lorenz (Hrsg.): Das politische System Ungarns. Nationale Demokratieentwicklung, Orbán und die EU
Ellen Bos und Astrid Lorenz legen eine deutschsprachige Überblicksdarstellung zum politischen System Ungarns vor, die aktuelle Entwicklungen mit einbeziehe. Damit schließen sie eine Lücke, wie Rezensent Sven Leunig schreibt. Er ordnet die zentralen Aussagen der Aufsätze mit Blick auf die Entwicklung zum „illiberalen Staat“ Viktor Orbáns ein. Letztere habe bereits vor 2010 eingesetzt. So sei die Polarisierung des ungarischen Parteiensystems nicht allein eine Folge der Herrschaft Orbáns, sondern habe historische Wurzeln. Insgesamt sei den Herausgeberinnen ein gut fundierter Überblick über das politische System Ungarns gelungen, „dessen Lektüre nur zu empfehlen ist“, so Leunig.
Klaus Detterbeck: Parteien im Auf und Ab. Neue Konfliktlinien und die populistische Herausforderung
Klaus Detterbeck habe mit „Parteien im Auf und Ab“ seinem 2011 veröffentlichten umfangreichen Werk über Parteien und Parteiensysteme eine – wie Rezensent Sven Leunig schreibt – „lesenswerte Ergänzung beziehungsweise Aktualisierung“ seiner bisherigen Erkenntnisse zur Parteiensystemforschung hinzugefügt. Die Veränderungen in den europäischen Parteiensystemen, wie etwa der Mitgliederschwund, seien auch durch die Globalisierung bedingt, aber vor allem durch die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009 verursacht. Die „Stunde der Populisten“ sei „somit eine Reaktion auf wirtschaftliche Sorgen und kulturelle Ängste“ gewesen. (ste)
Cas Mudde: Rechtsaußen. Extreme und radikale Rechte in der heutigen Politik weltweit
Der niederländische Politikwissenschaftler Cas Mudde, der sein Buch primär an Laien richtet, bietet nach Einschätzung des Rezensenten Sven Leunig einen sehr guten Überblick über das Phänomen der „äußersten Rechten“, unter der Mudde zum einen die (rechtspopulistische) radikale Rechte, zum anderen die demokratiefeindliche extreme Rechte zusammenfasst. Dabei beschränke sich der Autor nicht allein auf rechte Parteien, sondern blicke ebenso auf Organisationen und Bewegungen, letztlich auf alle Personen, die in diesem Umfeld aktiv sind. Dies gelte auch für ihre vielfältigen Äußerungsformen.
Joachim Raschke: Die Erfindung der modernen Demokratie. Innovationen, Irrwege, Konsequenzen
Wie ist es zur Ausprägung der Demokratie in ihrer modernen Form gekommen? Joachim Raschke hält sie für „eine Synthese von Elementen und Vorstellungen aus verschiedenen Fällen und Pfaden“, die in die Antike zurückgehen und sich nicht gleichzeitig und auch nicht stringent entwickelt haben. Nahezu alle Innovationen des demokratischen Systems seien nicht am Reißbrett entstanden, sondern zumeist pragmatische Antworten auf konkrete historische Problemsituationen gewesen. „Starke Kerninstitutionen“ hält Raschke für die „Grundbausteine moderner Demokratie“.
Andreas Kost / Peter Massing / Marion Reiser (Hrsg.): Handbuch Demokratie. Theoretische Grundlagen und aktuelle Herausforderungen
Mit diesem Handbuch wollen die Autor*innen eine „Annäherung an zentrale Elemente der Demokratie“ vornehmen und als Referenzmodell für einen breiten Adressatenkreis dienen. Sie zeichnen in diesem Überblickswerk ein klares Bild ‚der‘ (deutschen) Demokratie in all ihren Facetten, beginnend von den konzeptionellen Grundlagen des Begriffs über generelle Typenbildung bis hin zur Ausprägung der Demokratie in Deutschland, schreibt Rezensent Sven Leunig. Dargestellt werden sowohl die ‚Basics‘ als auch kontroverse ebenso wie innovative Diskussionen der Politikwissenschaft.
Tanja Wolf: Rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien in Europa. Typologisierung und Vergleich
Tanja Wolf grenzt rechtspopulistische von rechtsextremen Parteien ab und entwickelt hierzu eine entsprechende Typologie. Dabei blickt sie auf elf ideologisch-programmatisch ‚weiter rechts‘ stehende Parteien und präsentiert Auffassungen beider Parteiengruppen, die jeweils zu einer eigenen Definition der Autorin komprimiert werden. Der wesentliche Unterschied sei, so das Ergebnis, dass Rechtspopulisten demokratisch-rechtsstaatliche Strukturen akzeptierten, was bei Rechtsextremisten nicht der Fall sei. Die konzipierte Typologie sei auch auf ostmitteleuropäische rechte Parteien anwendbar.
Erik Fritzsche: Fraktionsgeschlossenheit und Regierungssysteme. Empirische und normative Einsichten aus weitgespannten Vergleichen
Ein einheitliches Abstimmungsverhalten von Parlamentsfraktionen ist für parlamentarische Regierungssysteme essenziell, um eine kontinuierliche Regierungs- und vor allem Gesetzgebungstätigkeit leisten zu können. Demgegenüber ist in präsidentiellen Systemen die Geschlossenheit der Fraktionen nicht zwingend nötig, aber durchaus verbreitet. Erik Fritzsche fragt in seiner umfassenden Analyse nach den Gründen für die Fraktionsdisziplin in beiden Systemtypen und gelangt laut Rezensent Sven Leunig zu teils überraschenden Ergebnissen.
Michael Haas: Why Democracies Flounder and Fail. Remedying Mass Society Politics
Das Werk des emeritierten Professors für Politikwissenschaft an der Universität von Honolulu reiht sich, wenig überraschend, in die gegenwärtig geradezu explodierende Menge an Publikationen zum Zustand unserer Demokratie ein. Auch Michael Haas‘ Werk steht im Kontext der Zunahme populistischer Strömungen, die als Gefahr für die westliche, liberale Demokratie verstanden wird. Sein Erklärungsansatz ist umfassend. Im Mittelpunkt steht das Paradigma der Massengesellschaft, das er in einer bestimmten Weise verwendet und ihm dadurch eine spezielle Prägung verleiht.
William A. Galston: Anti-Pluralism. The Populist Threat to Liberal Democracy
Für William A. Galston sind die Auswüchse eines ungezügelten Liberalismus die Hauptursache dafür, dass sich in den westlichen Demokratien vermehrt Menschen den populistischen Parteien zuwenden. In seinem Essay setzt er sich mit den Hintergründen des Populismus auseinander und informiert dabei zugleich über den aktuellen Stand der politikwissenschaftlichen Debatte. Eine Lösung sieht der Autor in der überzeugenden Bekämpfung der zunehmenden ökonomischen Ungleichheit. Das Buch sei zwar informativ, so Rezensent Sven Leunig, biete aber wenig Neues und leide an konzeptionellen Unklarheiten.
Steven Levitsky / Daniel Ziblatt: Wie Demokratien sterben. Und was wir dagegen tun können
Die Demokratien erwiesen sich zwar durchaus als robust, schreiben Steven Levitsky und Daniel Ziblatt, beide Professoren in Harvard. Aber die internationale Lage sei im 21. Jahrhundert für sie doch deutlich ungünstiger geworden. Daher entwickeln sie unter Rückgriff auf viele negative wie positive Beispiele rund um den Globus einige Leitlinien für den Erhalt der Demokratie. Im Mittelpunkt ihres Buches stehen dabei die USA: Am vorläufigen Ende der Polarisierung ihrer Politik steht die Wahl des Populisten Donald Trump, gegen den es nun das demokratische Gemeinwesen zu verteidigen gilt.
Tom Mannewitz (Hrsg.): Die Demokratie und ihre Defekte. Analysen und Reformvorschläge
Zwar gibt es gegenwärtig eine Vielzahl von Demokratien, aber zunehmend solche, die von der Forschung eher als „defekte“ oder „unvollkommene“ Ausprägungen dieser Herrschaftsform verstanden werden. Hiervon ausgehend befassen sich die Autoren des Bandes mit den systemimmanenten Schwächen und Fehlern, die Demokratien anhaften können. Auf die Frage nach möglichen Reformen finden sich kreative Vorschläge wie die Einsetzung von Volkstribunen oder mit Vetomacht ausgestatteten Zukunftsräten. Auch wird der schon klassische Rat gegeben, stärker auf Konsens denn auf Konkurrenz zu setzen.
Dirk Jörke / Oliver Nachtwey (Hrsg.): Das Volk gegen die (liberale) Demokratie. Populismus als Krisensensor
In diesem Band wird der aktuelle Diskurs um einen (vermeintlichen?) Antagonismus zwischen dem populistischen, strikt majoritären Verständnis von Demokratie und der liberalen Demokratie aufgegriffen. Neben theoretischen Hinführungen zum Phänomen des Populismus und Erörterungen über dessen Erscheinungsformen und Funktion als Krisensensor finden sich mehrere empirisch ausgerichtete Beiträge, etwa über die ungarische Fidesz-Partei, über Pegida und die AfD. Aus den Analysen ist die implizite Warnung herauszulesen, die Kritik der Populisten und ihrer Anhängerschaft nicht zu ignorieren.
Alexander Grasse / Markus Grimm / Jan Labitzke, Jan (Hrsg.): Italien zwischen Krise und Aufbruch. Reformen und Reformversuche der Regierung Renzi
Bei der Lektüre dieses Sammelbandes über die „Ära Renzi“ fragt man sich unwillkürlich, ob man schon die Zusammenfassung einer bereits abgeschlossenen, sehr kurzen Periode in der Geschichte Italiens liest oder ob die Regierungszeit Matteo Renzis von 2014 bis 2016 nur ein erster Akt war, dem noch weitere folgen. So werden erst die nächsten Jahre (und Jahrzehnte?) zeigen, ob der junge, quirlige Florentiner ebenso wie sein Pendant auf der rechten Seite des politischen Spektrums, Silvio Berlusconi, einen dauerhafteren Einfluss auf die Entwicklung dieses südlichen EU-Landes hat.
Cas Mudde: SYRIZA. The Failure of the Populist Promise
In einem kleinen Dossier über die linkspopulistische Regierungspartei in Griechenland stellen wir das Buch „SYRIZA. The Failure of the Populist Promise“ von Cas Mudde vor, in dem vor allem deren Scheitern postuliert wird. Hingewiesen wird unter anderem auch auf einen Diskussionsbeitrag von Slavoj Žižek, der in SYRIZA eine überfällige Herausforderung des europäischen Establishments sieht, das sich den wahren Gründen der Krise nicht gestellt habe. Dagegen erklärt allerdings Steffen Vogel, dass die südeuropäischen Populisten zwar reale Probleme aufgriffen, diese aber fehlinterpretierten.
Ulrich Roos (Hrsg.): Deutsche Außenpolitik. Arenen, Diskurse und grundlegende Handlungsregeln
In diesem von Ulrich Roos herausgegebenen Sammelband werden gekürzte Fassungen von Forschungsarbeiten präsentiert, deren Fragestellungen überzeugend begründet und in den jeweiligen Forschungskontext eingeordnet werden. Im Mittelpunkt steht der Versuch, die Beweggründe der außenpolitischen Akteure in Deutschland und die daraus erwachsenden Handlungsregeln zu verstehen. Im Ergebnis wird ein informierter Überblick geboten. Gemeinsam ist diesen Arbeiten, dass sie alle auf die Grounded Theory bezogen sind, sodass der Band auch einen interessanten Einstieg in deren Anwendung bietet.
David Cay Johnston: Die Akte Trump
Die Biografie und vor allem das Geschäftsgebaren Donald Trumps haben bereits vor dessen Wahlsieg dem Pulitzer-Preisträger David Cay Johnston als Grundlage gedient, um dessen Persönlichkeit zu enthüllen. Nach der Maxime „Handeln ist Charakter“ (Francis Scott Fitzgerald) kommt er so zu dem Schluss, dass Trump für das Amt des US-Präsidenten gänzlich ungeeignet ist.