Mit ihrer fundierten Einführung in den türkischen Staat und die türkische Gesellschaft zielen die Herausgeber auf ein breites Lesepublikum. Gieler erläutert in diesem Zusammenhang die geschichtliche Entwicklung türkischer Parteien und betont, dass sich die parteipolitische Landschaft heute heterogen darstellt, trotz der starken Stellung des türkischen Militärs. Gleichzeitig verweist er auf ein deutlich erkennbares innerparteiliches Demokratiedefizit. Jürgen Bellers und Markus Kirchschlager erklären die türkische Außenpolitik zwischen Geopolitik und Geoökonomie. Die geografische Lage der Türkei habe immer schon die Aufmerksamkeit der Großmächte auf sich gezogen. Seit dem Kalten Krieg habe die türkische Außenpolitik mehrere Male die Ausrichtung gewechselt. Dennoch habe stets die sicherheitspolitische Bindung zu den Vereinigten Staaten von Amerika und die wirtschaftliche Westorientierung Bestand gehabt. Aktuell sei eine Öffnung nach Russland und gleichfalls eine Verschiebung der Aufmerksamkeit auf die zentralasiatischen Turkstaaten festzustellen. Bellers und Kirchschlager bemühen häufig die historische Polarität zwischen dem Osmanischen Reich und Byzanz, um Differenzen zwischen der Türkei und ihren umliegenden Nachbarstaaten zu erklären. Eine genauere Darstellung der außenpolitischen Entwicklungslinien bleibt dagegen häufig auf der Strecke. Der Band vermittelt letztlich einen groben Überblick über einige politische Hausnummern der türkischen Geschichte und bietet damit einen ersten Einstieg in diese Thematik.