Diss. Wien; Gutachter: S. Puntscher Riekmann, H.-G. Heinrich. - Raunig verfolgt die Absicht, die Wirkung von totalitärer Herrschaft auf das "herrschaftsunterworfene Individuum" (8) zu bestimmen. Den Ausgangspunkt bildet die Auseinandersetzung mit der Herrschaftsdefinition Max Webers. Statt dessen Idealtypen zu übernehmen, entwickelt der Autor einen "Phänotyp totalitärer Erfassung und Vereinnahmung des Individuums" (9), dessen zentrale Meßgröße die gesellschaftlichen und persönlichen Freiräume sind, die dem Einzelnen in einem totalitären Herrschaftssystem bleiben. Ausgehend von einem derartigen "Phänotyp" werden im ersten Teil der Studie drei zur Errichtung und Aufrechterhaltung totalitärer Herrschaft notwendige Voraussetzungen erörtert: die Isolation des Individuums in der Massengesellschaft, seine Erfassung durch die Bürokratisierung und die Funktionalisierung der Ideologie als Ersatzreligion. Im zweiten Teil wird die Relevanz dieser Kernelemente am Beispiel dreier idealtypischer Staats- und Gesellschaftssysteme (ideologiefreie Diktatur, real existierender Sozialismus und Industriegesellschaft) überprüft. Letztlich befaßt sich der Autor in einem Ausblick mit den potentiellen Konsequenzen der Gentechnik und deren Mißbrauchs. Indem die gentechnische Visionen von Aldous Huxleys "brave new world" eingetreten sind, sieht Raunig "die Möglichkeit, daß eine Gruppe eugenisch 'hochwertiger' Individuen - die natürlich im 'gentechnischen Supermarkt' auch ihren entsprechenden Preis hätten - aufgrund ihrer biologischen Überlegenheit über ein Heer von genetisch 'Minderwertigen' herrscht" (131).