Der Holocaust war trotz seiner „Präzedenzlosigkeit“ (279) nicht der einzige Genozid, er ist paradigmatischer Ausgangspunkt der Erforschung anderer Völkermorde, darauf ausgerichtet, mit anderen Genoziden wissenschaftlich verglichen zu werden, um „solche Massengrausamkeiten zu verhindern“ (286). Diese Ausführungen von Yehuda Bauer stehen am Ende des historisch angelegten Aufsatzbandes, der im Auftrag des Sir Peter Ustinov-Instituts Wien entstanden ist, und markieren gleichwohl seine Zielrichtung: Die Völkermorde im 20. Jahrhundert sollen geschichtlich rekonstruiert und zugleich bezüglich ihrer Ursachen hin analysiert werden. Dementsprechend werden der Vernichtungskrieg vor allem gegen die Hereros in Südwestafrika, der Völkermord an den Armeniern, der organisierte Hungertod in der Ukraine, der Holocaust, der Völkermord an den Sinti und Roma, die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, das Pol Pot-Regime in Kambodscha, die fünf Kriege im zerfallenden Jugoslawien, der Genozid in Ruanda und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur eingehend dargestellt. Neben den dichten Beschreibungen der fürchterlichen Verbrechen werden auch die ideologischen Wurzeln und die faktischen Ursachen ergründet: Abgesehen von politischen und wirtschaftlichen Problemen wird vor allem der Rassismus als Faktor genannt, der maßgeblich zur Eskalation beigetragen habe. – Die Erforschung von Massakern und Völkermorden wird durch diesen Sammelband vorangetrieben, weil er eine gute Übersicht bietet und zu weiteren Analysen und vor allem zu einer tieferen Suche nach den persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Ursachen anregt.