Skip to main content
/ 17.06.2013
Hildegard Hamm-Brücher

Und dennoch ... Nachdenken über Zeitgeschichte – Erinnern für die Zukunft

Berlin: Siedler Verlag 2011; 176 S.; Ln., 18,99 €; ISBN 978-3-88680-985-1
Anlässlich ihres neunzigsten Geburtstages blickt Hildegard Hamm-Brücher auf die Geschichte der Bundesrepublik zurück. Die sozialliberale FDP-Politikerin und langjährige Bundestagsabgeordnete liefert jedoch weit mehr als einen mit autobiografischen Elementen geschmücktes Stück Zeitgeschichte. Sie schlägt eine Brücke zwischen ihren politischen Erfahrungen und der gegenwärtigen Debatte um die zunehmende Entfremdung zwischen Regierten und Regierenden. Dabei entwickelt sie konkrete Vorschläge für ein...
Hildegard Hamm-Brücher

Und dennoch ... Nachdenken über Zeitgeschichte – Erinnern für die Zukunft

Berlin: Siedler Verlag 2011; 176 S.; Ln., 18,99 €; ISBN 978-3-88680-985-1
Anlässlich ihres neunzigsten Geburtstages blickt Hildegard Hamm-Brücher auf die Geschichte der Bundesrepublik zurück. Die sozialliberale FDP-Politikerin und langjährige Bundestagsabgeordnete liefert jedoch weit mehr als einen mit autobiografischen Elementen geschmücktes Stück Zeitgeschichte. Sie schlägt eine Brücke zwischen ihren politischen Erfahrungen und der gegenwärtigen Debatte um die zunehmende Entfremdung zwischen Regierten und Regierenden. Dabei entwickelt sie konkrete Vorschläge für eine „aktive Demokratisierungspolitik“ (106). Das Buch besitzt drei Kern/index.php?option=com_content&view=article&id=41317: Die ersten Kapitel beschäftigen sich mit der Adenauer-Zeit und zeugen von den tiefen ideologischen Gräben, welche die politische Landschaft der jungen Bundesrepublik charakterisierten. Hamm-Brücher war 1950 für die FDP in den Bayerischen Landtag gewählt worden und kämpfte gegen die konservativen „Ludwig-Thoma-Figuren“ (83) der dominanten CSU-Fraktion für Emanzipation, Bildungsgerechtigkeit und Entnazifizierung. Der zweite Schwerpunkt liegt auf der jüngeren Entwicklung des deutschen Liberalismus und der eigenen Partei. Hamm-Brücher beschreibt das Ende der sozialliberalen Koalition, dem sich die Anhängerin der 1971 verabschiedeten linksliberalen „Freiburger Thesen“ bis zuletzt entschlossen entgegenstellte, und kritisiert den Wandel der FDP zu einer „neoliberalen Steuersenkungs- und Wirtschaftspartei“ (143). Der Umgang der eigenen Partei mit den antisemitischen Äußerungen des Vizevorsitzenden Jürgen Möllemann brachte das Fass für Hamm-Brücher zum Überlaufen. Im September 2002 trat sie aus der Partei aus. Hamm-Brüchers Hauptinteresse besteht in einer Wiederbelebung der „democracy by discussion“ (100). Um dem Glaubwürdigkeitsdefizit der bundesrepublikanischen Demokratie entgegenzuwirken, plädiert sie u. a. für eine Personalisierung der Zweitstimme und für die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheiden. Auch wenn es sich nicht um neue Vorschläge handelt, Hamm-Brüchers Brückenschlag zwischen erlebter Zeitgeschichte und den aktuellen Herausforderungen der Demokratie geht über weite Strecken auf – und ihre Polemik gegen ehemalige politische Gegner liest sich fabelhaft.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Hildegard Hamm-Brücher: Und dennoch ... Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/14872-und-dennoch-_39996, veröffentlicht am 28.07.2011. Buch-Nr.: 39996 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
Neueste Beiträge aus
Themen