/ 03.06.2013
Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) / Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) (Hrsg.)
Friedensgutachten 1996. Hrsg. von Bruno Schorch, Friedhelm Solms und Reinhard Mutz
Münster: Lit 1996; IV, 388 S.; brosch., 24,80 DM; ISBN 3-8258-2829-8Seit nunmehr zehn Jahren erscheint das Friedensgutachten und versteht sich nach den Worten der Herausgeber weiterhin "als kritischer Stachel für eine Politik, die den realen Entwicklungen und Chancen allzu zögerlich hinterherhinkt" (4). In der Beurteilung der Einzelfragen und -entwicklungen sind sich allerdings auch die Autoren der verschiedenen Beiträge nicht immer einig. Aber gerade diese Fülle der Meinungen, Herangehensweisen und Perspektiven haben das Friedensgutachten in den letzten Jahren zu einer Institution in Deutschland gemacht. Auch 1996 skizzieren die Herausgeber positive und negative Entwicklungen sowie Empfehlungen. Leitmotiv der Bestandsaufnahme ist das Bewußtsein um "die Gefahr, daß wir die Chance verspielen, die Nachwirkungen des lange in zwei feindliche Blöcke gespaltenen Kontinents endgültig zu überwinden" (iii). Zentrales Ereignis im Rückblick auf das vergangene Jahr ist der Friede von Dayton. Dabei werten die Herausgeber einerseits die Implementation Force IFOR als "unabdingbares Erfordernis" (5), werfen andererseits der NATO aber "Hybris" (13) vor, indem sie ihr unterstellen, die künftige Sicherheitsarchitektur Europas dominieren zu wollen. Die deutsche Politik und auch der Bundeskanzler erhalten Lorbeeren als "eine Art force tranquille der EU" (9), während das Fehlen des deutschen Regierungschefs beim UN-Jubiläum als "falsches Signal" (31) gebrandmarkt wird. Die Einzelstudien werden wieder durch eine ausführliche Zeittafel ergänzt.
Inhalt: 1. Deutschland und Europa: Berthold Meyer / Peter Schlotter: Ein vertanes Jahr für Europa? Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU (42-53); Hans-Georg Ehrhart: Atommacht Europa: Das Ende eines Tabus (54-66); Hans Nicklas: Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und Unionsbürgerschaft (67-78); Bruno Schoch: Die schillernde Rede von der Normalisierung Deutschlands (79-90); Matthias Z. Karádi / Konrad Klingenburg: Dayton: Kriegsende oder Feuerpause für Bosnien? (91-104); Reinhard Mutz: Der verschleppte Frieden - Europas Versagen auf dem Balkan (105-116). 2. Der postsowjetische Raum: Hans-Joachim Gießmann: Beschwörung alter Geister? Ostmitteleuropa und die NATO-Erweiterung (117-129); Hans-Joachim Spanger: Rußland zwischen Demokratie und Marktwirtschaft (130-141); Anna Kreikemeyer: Rußland und Europa: Zwischen Öffnung und Abkehr (142-153); Rexane Dehdashti: Der kaukasische Teufelskreis: Internationale Konfliktvermittlung in einer unruhigen Region (154-167); Lars van Dassen: Rußland und die Barents-Region: Kooperation im Norden Europas (168-178). 3. Globale Herausforderungen: Jürgen Wilzewski: Abschied vom Multilateralismus? Amerikanische Außenpolitik und die konservative Agenda (179-189); Wolfgang Bock: Religionsfreiheit und islamisch geprägte Rechtskulturen (190-202); Udo Steinbach: Ordnungsmacht oder Krisenfaktor? Die Türkei zwischen Orient und Okzident (203-215); Ulrike Neureither: Terrorismus als Herausforderung an die internationale Politik (216-228); Gunter Schubert: Auf dem Weg zur multilateralen Sicherheit? Das prekäre strategische Gleichgewicht in Ostasien (229-243); Ulrich Ratsch: Droht eine Ausweitung des Hungers? Sinkende Agrarproduktion und Ertragsfähigkeit (244-254); Margret Johannsen: Im Schatten der Gewalt: Die Suche nach Frieden im Nahen Osten (255-268). 4. Rüstungskontrolle: Constanze Eisenbart / Harald Müller / Annette Schaper: Erfolge und Mühsal nuklearer Abrüstung und Nichtweiterverbreitung (269-285); Alexander Kelle: Chemische und biologische Rüstungskontrolle - wenig Fortschritte (286-294); Friedhelm Solms: Landminen - eine humanitäre Katastrophe (295-308); Hans-Joachim Schmidt: Konventionelle Abrüstung in der Krise? (309-321); Götz Neuneck / Jörg Wallner: Präventive Rüstungskontrolle: Chance oder Utopie? (322-332).
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 4.41 | 3.6 | 4.22 | 2.62 | 2.63 | 2.64 | 2.68 | 4.3
Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) / Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) (Hrsg.): Friedensgutachten 1996. Münster: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1924-friedensgutachten-1996_2298, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 2298
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Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
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