/ 03.06.2013
Stefanie Christmann
Die Freiheit haben wir nicht von den Männern. Frauen in Eritrea
Bad Honnef: Horlemann 1996; 190 S.; 24,- DM; ISBN 3-89502-040-0Neben dem Ziel der nationalen Freiheit hatte sich die eritreische Befreiungsfront (EPLF) die Gleichberechtigung von Männern und Frauen auf ihre Fahnen geschrieben. An dem dreißigjährigen Befreiungskrieg haben zu einem Drittel Frauen teilgenommen und - freiwillig wie unfreiwillig - für die Unabhängigkeit ihres Landes gekämpft.
Die Autorin beschreibt die Situation der ehemaligen EPLF-Kämpferinnen nach der Unabhängigkeit und thematisiert damit ein bislang kaum beachtetes Problem: Während in Kriegszeiten traditionelle Geschlechterrollen aufgebrochen werden und Frauen Männerfunktionen erfüllen, stehen sie nach Kriegsende vor einem Rollenkonflikt, denn sie können und/oder wollen nicht mehr die ihnen traditionell zugewiesene Rolle einnehmen.
Auch wenn die junge eritreische Regierung Gleichberechtigung als Ziel formuliert, rücken jegliche Bemühungen um ihre Realisierung durch den Aufbau des vom Krieg zerstörten Landes in den Hintergrund. Im nationalen Entwicklungsplan "geht es sehr pragmatisch um die Frau als Produktivkraft, nicht um ihre Gleichberechtigung" (84). Die Autorin führt die mangelnde Bereitschaft zur Gestaltung einer gleichberechtigten Nachkriegsgesellschaft darauf zurück, daß die Regierung einem "enormen Erwartungsdruck seitens der Bevölkerung" (96) ausgesetzt ist und als progressive Minderheit auf die Akzeptanz der traditionalistisch eingestellten Bevölkerungsmehrheit angewiesen ist. "Statt Frauenrechte offensiv zu vertreten, werden Frauen heute vielfach für den Aufbau des Landes instrumentalisiert" (96).
Problematik und Potential der Nationalen Frauenunion (NUEW) als mögliche Protagonistin für Frauenförderung sowie allgemeine Empfehlungen zur Frauenförderung in Eritrea schließen den ersten Teil des Buches ab. Den zweiten Teil bilden lebensgeschichtliche Interviews mit ehemaligen Kämpferinnen, die die ambivalente Situation eritreischer Frauen deutlich werden lassen.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.67 | 2.27
Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Stefanie Christmann: Die Freiheit haben wir nicht von den Männern. Bad Honnef: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1976-die-freiheit-haben-wir-nicht-von-den-maennern_2365, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 2365
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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