/ 20.06.2013

Christoph Liell / Andreas Pettenkofer (Hrsg.)
Kultivierungen von Gewalt. Beiträge zur Soziologie von Gewalt und Ordnung
Würzburg: Ergon 2004 (Kultur, Geschichte, Theorie. Studien zur Kultursoziologie 2); 264 S.; kart., 35,- €; ISBN 3-89913-404-4In ihrer Behandlung von Gewalt sehen sich kultursoziologische Ansätze dem Einwand ausgesetzt, sie würden die Materialität von Gewalt – letztlich das (physische) Leiden der Opfer – durch unangemessene Ästhetisierung verharmlosen. Tatsächlich würde eine Diskussion über Gewalt, die sich lediglich auf die Ebene der Verwendung strittiger Symbole bezieht, das zugrunde liegende Handeln ausblenden. In deutlicher Abgrenzung von diesem Reduktionismus wollen die Autorinnen und Autoren die Fruchtbarkeit kultursoziologischer Herangehensweisen an das Phänomen der Gewalt aufzeigen. Gegenüber strukturtheoretischen oder anthropologischen Theorien liegt die Stärke kultursoziologischer Ansätze einerseits im Verzicht auf einen Begriff homogener Kultur, andererseits in der Offenheit für Gewalterklärungen jenseits der vielfach herangezogenen instrumentellen Logik. An den Themenfeldern gewaltaffiner Subkulturen und politischer Kulturen der Gewalt setzen sich die Abhandlungen mit den „komplizierten kulturellen Grundlagen derjenigen Ordnungen [auseinander], die mit Blick auf Gewaltpotentiale entstehen, um Gewalt zu vermeiden“ (31). Der Band beruht auf einer 2000 an der Humboldt-Universität Berlin durchgeführten Arbeitstagung der Sektion „Kultursoziologie“ der Deutschen Gesellschaft für Soziologie.
Aus dem Inhalt:
Andreas Pettenkofer / Christoph Liell:
Kultursoziologische Perspektiven in der Gewaltforschung (9-40)
Subkulturen der Gewalt
Katharina Inhetveen:
Gewalt, Körper und Vergemeinschaftung in Subkulturen (43-62)
Christoph Liell:
Praktiken, Ästhetisierungen und Dramatisierungen der Gewalt. Karrieren männlicher Jugendlicher in der HipHop-Szene (63-84)
Ferdinand Sutterlüty:
Gewaltaffine Interpretationsregimes. Situationsdefinitionen gewalttätiger Jugendlicher (85-108)
Politische Kulturen der Gewalt
Andreas Pettenkofer:
Gewalterfahrungen und kollektive Identitäten ,modernisierender' politischer Bewegungen. Überlegungen am westdeutschen Fall (111-135)
Jonas Grutzpalk:
Umma oder Gesellschaft. Die Gewalt im heutigen Algerien aus der Sicht Frantz Fanons (137-158)
Natalija Bašić:
Triumph der Kälte. Ein ehemaliger Soldat über Krieg, Gewalt und Tötungsbereitschaft im ehemaligen Jugoslawien der 1990er Jahre (159-173)
Miriam Engelhardt:
Vergewaltigung. Zur ordnungsstiftenden Wirkung der geschlechtlichen Codierung von Verletzungsoffenheit und Verletzungsmacht (175-207)
Ambivalenzen der Pazifizierung
Ulrich Bröckling:
Vermittlung als Befriedung. Über Mediation (211-233)
Joachim Renn:
Gewalt und kulturelle Selbstbehauptung (235-259)
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.25 | 2.62 | 2.331
Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Christoph Liell / Andreas Pettenkofer (Hrsg.): Kultivierungen von Gewalt. Würzburg: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/22834-kultivierungen-von-gewalt_26074, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 26074
Rezension drucken
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
CC-BY-NC-SA