/ 03.06.2013
Urs Altermatt (Hrsg.)
Nation, Ethnizität und Staat in Mitteleuropa
Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 1996 (Buchreihe des Institutes für den Donauraum und Mitteleuropa 4); 172 S.; brosch., 58,- DM; ISBN 3-205-98544-3In dem auf eine Tagung der Pro Helvetia im Frühjahr 1994 in Krakau zurückgehenden Sammelband setzen sich Wissenschaftler aus Zentraleuropa mit Entstehung, Erscheinungsformen und Renaissance des Nationalismus sowie Fragen von Ethnizität und Staatlichkeit in Ostmitteleuropa auseinander. Obwohl der Band interdisziplinär angelegt ist, dominiert sowohl im länderübergreifenden Teil als auch bei den Beiträgen zu den vier Visegrád-Staaten die historische Perspektive. Dies mag sich daraus erklären, daß - entgegen Fukuyamas provokatorischer These vom Ende der Geschichte - im postkommunistischen Europa vor allem die Zwischenkriegszeit zu einem relevanten Bezugspunkt der Identitätssuche, das kollektive Erinnern identitätsstiftend geworden ist. Folgt man Waldenbergs Analyse, so liegt die Gefahr des Nationalismus im östlichen Europa nicht in seiner organisatorischen Stärke, sondern in dem verbreiteten ideologischen Vakuum, zu dem eine unterentwickelte politische Kultur sowie die Existenz signifikanter Minderheitenpopulationen hinzutreten. In dem theoretisch bei weitem anspruchsvollsten Beitrag arbeitet der Ethnologe Giordano Charakteristika des Ethnizitätsdiskurses in den postsozialistischen Gesellschaften im Vergleich zum angelsächsischen Bereich heraus: Während etwa in den USA Ethnizität vorwiegend der Verortung im sozialen Raum dient, gewinnt sie im östlichen Europa - idealtypisch - eine territoriale Dimension bis hin zur Fiktion mono-ethnischer Gebiete. Ethnizitätsdiskurse werden dann nicht nur zu Abgrenzungs-, sondern auch zu Ausgrenzungsdiskursen.
Inhalt: I. Staat, Nation und Ethnizität in Mitteleuropa: Urs Altermatt: Staat, Nation und Ethnizität – Eine Einführung (11-21); Christian Giordano: Ethnizität und das Motiv des mono-ethnischen Raumes in Zentral- und Osteuropa (22-33). II. Ostmitteleuropa als Kulturraum: Jerzy Wyrozumski: Ostmitteleuropa in historischer Sicht (37-43); Moritz Csáky: Die Vielfalt der Habsburgermonarchie und die nationale Frage (44-64); Zbigniew Wierzbicki: Ethnische Probleme in Ostmitteleuropa aus soziologischer Sicht (65-73). III. Einzelne Länder Ostmitteleuropas: Marek Waldenberg: Bemerkungen zum Nationalismus in Polen und Ostmitteleuropa (77-87); Zofia Sokolewicz: Staatsbürgerschaft und Nationalität: ein polnisches oder europäisches Dilemma? (88-101); Henryk Wozinakowski: Der Pole von heute: Staatsbürger, Patriot oder Europäer? (102-108); Otto Urban: Die Tschechen und Zentraleuropa (109-117); Dusan Kovác: Staat und Nation in der Slowakei im historischen Prozeß (118-123); Csaba G. Kiss: Was ist der Ungar? (124-130). IV. Ostmitteleuropa und die Schweiz: Czeslaw Porebski: Die Schweiz als Modell für Ostmitteleuropa (133-138); Lubor Jilek: Die Schweiz aus der Sicht mitteleuropäischer Beobachter (139-152); Peter Saladin: Der moderne Staat als Kulturstaat (153-161). Epilog: Erhard Busek: Europa 1989 bis 1995 - Was ist daraus geworden? (165-170).
Michael Edinger (ME)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
Rubrizierung: 2.62 | 2.23 | 4.42 | 2.5
Empfohlene Zitierweise: Michael Edinger, Rezension zu: Urs Altermatt (Hrsg.): Nation, Ethnizität und Staat in Mitteleuropa Wien/Köln/Weimar: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2199-nation-ethnizitaet-und-staat-in-mitteleuropa_2679, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 2679
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M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
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