/ 22.06.2013

Linards Udris
Politischer Extremismus und Radikalismus. Problematisierung und diskursive Gelegenheitsstrukturen in der öffentlichen Kommunikation der Deutschschweiz
Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011; 383 S.; 39,95 €; ISBN 978-3-531-17968-1Diss. Zürich; Begutachtung: K. Imhof, F. Esser. – Die Rechtsextremismusforschung beschäftigt sich überwiegend aus politikwissenschaftlicher und soziologischer Sicht mit Organisationen, Einstellungen und Verhalten. Kommunikationswissenschaftliche Untersuchungen zu Rechtsextremismus in der politischen Öffentlichkeit sind jedoch ein Desiderat. Insofern möchte der Autor eine Forschungslücke verkleinern. „Ziel der Arbeit ist es, [...] die Resonanz und Problematisierung von politischem Extremismus und Radikalismus zu erklären als auch [...] Regularitäten herzuleiten.“ (16 f.) Das Untersuchungsmaterial stammt aus der Deutschschweiz. Linards Udris berücksichtigt für seine Längsschnittanalyse sogenannte Kommunikationsereignisse seit den 1960er-Jahren in den drei wichtigsten Zeitungen, um die diskursiven Gelegenheitsstrukturen zu analysieren. Dabei geht der Autor vor allem auf Differenzsemantiken ein, die die kommunikativen Grenzziehungen in Gesellschaften markieren, kollektive Identitäten konstruieren und beispielsweise das Eigene von dem Fremden unterscheiden. In ihrer rigiden Form bieten Differenzsemantiken rechtsextremen Akteuren die Gelegenheit, sich in den öffentlichen Diskurs einzubringen und zum Beispiel fremdenfeindliche Inhalte zu verbreiten. In der empirischen Analyse zeigt der Autor, dass mit zunehmender Frequenz und Intensität von Differenzsemantiken sowohl die Wahlerfolge rechtsradikaler Parteien als auch die Mitgliederzahlen von rechtsextremen Organisationen und rechtsextreme Vorfälle zunehmen. Des Weiteren wird für den Zeitraum 1998 bis 2008 die Thematisierung von Extremismus vertiefend untersucht und dafür werden auch weitere Medien einbezogen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass einerseits die Medien selbst Rechtsextremismus behandeln, andererseits solchen Akteuren eine Thematisierung gelingt, die in ihren Öffentlichkeitsstrategien die spezifische Medienlogik berücksichtigen. Dabei handelt es sich sowohl um Rechtsextremisten als auch um linke Gegendemonstranten und Politiker, die die Angelegenheit zur eigenen Inszenierung nutzen. Insbesondere die Boulevardmedien berichten oft über das Thema, weswegen es nicht verwundert, dass in der Medienöffentlichkeit aufmerksamkeitsstarke Inszenierungen und Skandalisierungen eine große Rolle spielen. Die umfangreiche Studie erbringt noch eine Reihe von weiteren Teilergebnissen zur öffentlichen Kommunikation über Extremismus, insbesondere zum Rechtsextremismus. Dem Autor gelingt eine konzeptionell gut durchdachte, theoretisch überzeugende und empirisch gesättigte Studie, die einen wesentlichen Beitrag für die Rechtsextremismusforschung leistet.
Christoph Busch (CHB)
Dr., Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen.
Rubrizierung: 2.5 | 2.25 | 2.22
Empfohlene Zitierweise: Christoph Busch, Rezension zu: Linards Udris: Politischer Extremismus und Radikalismus. Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33681-politischer-extremismus-und-radikalismus_40340, veröffentlicht am 24.01.2013.
Buch-Nr.: 40340
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Dr., Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen.
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