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/ 31.05.2013
Werner Schüßler

Jaspers zur Einführung

Hamburg: Junius 1995; 167 S.; 19,80 DM; ISBN 3-88506-914-8
Zu Recht weist Schüßler auf die große Diskrepanz hin zwischen der "unglaublich hohen Auflagenzahl" vieler Bücher von Jaspers, der unablässig zunehmenden Sekundärliteratur und der Existenz von inzwischen drei Jaspers-Gesellschaften einerseits, der immer noch geringen Rezeption in der Fachphilosophie andererseits (147). Die Gründe für die nach wie vor ungebrochene Attraktivität Jaspers' beim Publikum liegen auf der Hand: Seine Themen sind nicht bloß akademischer Natur, sondern betreffen wirkliche Probleme der Menschen; er schreibt in einem Stil, den jeder ernsthaft Interessierte verstehen kann. Schüßlers Buch wird seinem Anspruch gerecht: Es ist in der Tat gut als Einführung geeignet. Nach einem relativ ausführlichen Überblick über Jaspers' Leben, angereichert mit aufschlußreichen Zitaten aus dem umfangreichen Werk, orientieren sich die weiteren Abschnitte an zentralen Themen. Philosophie und Wissenschaft: Kein anderer Autor dürfte so klar ihre prinzipielle Differenz, ihren je eigenen Typ der Wahrheit sowie die Legitimität beider Arten von Wahrheitssuche herausgearbeitet und begründet haben wie Jaspers, dessen akademische Karriere mit einem empirisch-wissenschaftlichen Werk begann, das mehr als zwei Generationen später immer noch im Buchhandel erhältlich ist (Allgemeine Psychopathologie von 1913, 9. Aufl. 1973). Philosophie und Politik: Die Bedeutung von Jaspers' Philosophie für die Politik liegt insbesondere darin, daß sie an das Verantwortungsbewußtsein der einzelnen Staatsbürger appelliert. "Existenz" meint bei Jaspers nicht "Dasein", sondern "Selbstsein": nicht im Sinne bloß individualistischer Willkür, sondern im Sinne verantwortungsbewußter Freiheit. Ähnlich wie Popper schreibt er: "Es gibt kein Naturgesetz und kein Geschichtsgesetz, das den Gang der Dinge im ganzen bestimmt. Es ist die Verantwortung der Entschlüsse und Taten von Menschen und schließlich eines jeden Einzelnen der Milliarden von Menschen, woran die Zukunft liegt." (21) Inhalt: Einleitung: Die "Selbstvergessenheit" der Philosophie; 1. Philosophie und Biographie; 2. Philosophie in Abgrenzung zur Wissenschaft; 3. Philosophie in Abgrenzung zur Religion; 4. Der Ursprung der Philosophie: Die Grenzsituationen; 5. Die Methode der Philosophie: Das Transzendieren; 6. Die eigentlichen "Gegenstände" der Philosophie I: Existenz; 7. Die eigentlichen "Gegenstände" der Philosophie II: Transzendenz; 8. Das Grundwissen der Philosophie: Die Periechontologie; 9. Die Wahrheit der Philosophie; 10. Philosophie und Fortschritt: Die Technik; 11. Philosophie und Macht: Die Politik; 12. Die Geschichte der Philosophie. Schluß: Die Philosophie in der Welt.
Eberhard Schuett-Wetschky (SW)
Prof. Dr., Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel (www.politik.uni-kiel.de/prof_schuettwetschky.php).
Rubrizierung: 5.4 Empfohlene Zitierweise: Eberhard Schuett-Wetschky, Rezension zu: Werner Schüßler: Jaspers zur Einführung Hamburg: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/539-jaspers-zur-einfuehrung_318, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 318 Rezension drucken
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