/ 06.06.2013

Thomas Biebricher
Neoliberalismus zur Einführung
Hamburg: Junius 2012; 228 S.; brosch., 14,90 €; ISBN 978-3-88506-061-1Um es vorwegzunehmen: Das Buch ist für Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler eine der besten Einführungen in diese unübersichtliche Thematik, unterlässt es doch der Autor von Anbeginn, die Stichwortgeber des neoliberalen Denkens entweder als einsame Helden in der Welt voller Wohlfahrtsstaaten oder als Apologeten einer globalen Verschwörung zu lesen. Dass der Neoliberalismus zu Recht als heterogenes ideengeschichtliches Phänomen charakterisiert wird, dessen Vertreter disparate demokratie- und staatstheoretische Konzeptionen vertreten, wirft die Frage auf, was eigentlich das Verbindende zwischen einem letztlich Konservativen wie Röpke und einem Marktradikalen wie Friedman ist: Es ist ihr intellektueller Alarmismus gegen die in die Planwirtschaft marschierende Welt und ihre Skepsis gegenüber der Wehrhaftigkeit des Westens nicht nur gegenüber totalitären Regimen, sondern auch gegen die eigene innere Zerrüttung, für welche die irrigen Wirtschaftstheorien (Keynesianismus), falsche Versprechen (Sozialdemokratie) und eine Überdehnung der demokratischen Teilhabe verantwortlich gemacht werden. Es überrascht kaum, dass angesichts der Heterogenität neoliberaler Autoren in der politischen Praxis auf diese nur selektiv zurückgegriffen wurde und so manche Politikerinnen und Politiker, die etwa wie Thatcher verkündeten, ein neoliberales Programm umzusetzen, letztlich nicht – oder nicht in dem Maße, wie versprochen – die erhofften Ziele (Rückbau der Staatsquote) erreichten. Seinem politologischen Blick folgend richtet sich die von Biebricher im dritten Teil kurz umrissene Kritik des Neoliberalismus daher nicht auf Aspekte der sozialen Gerechtigkeit oder wirtschaftlichen Plausibilität, sondern der Autor fragt nach den politisch-kulturellen Folgen des neoliberalen Diskurses. Auch wenn das letzte Kapitel zu Postliberalismus und dem Verhältnis von Neoliberalismus und Finanzkrise etwas knapp ausfällt, sei das Buch insgesamt allen Politologinnen und Politologen empfohlen, die einen übersichtlichen, leicht verständlichen und kompetenten Einstieg in die Neoliberalismusdebatte suchen.
Frank Schale (FS)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.43 | 2.61 | 2.64 | 2.315 | 2.22 | 2.331 | 5.2
Empfohlene Zitierweise: Frank Schale, Rezension zu: Thomas Biebricher: Neoliberalismus zur Einführung Hamburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/9195-neoliberalismus-zur-einfuehrung_43178, veröffentlicht am 31.01.2013.
Buch-Nr.: 43178
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
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