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/ 04.12.2014
Christian Kuchler (Hrsg.)

NS-Propaganda im 21. Jahrhundert. Zwischen Verbot und öffentlicher Auseinandersetzung

Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2014; 238 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-412-22372-4
Der Umgang mit den Relikten des NS‑Staates und vor allem mit seinen überlieferten (Propaganda‑)Schriften, Filmen und Bildern sorgt immer wieder für heftige Kontroversen. Zu erinnern ist hier an den vor wenigen Jahren heftig geführten Streit um Reprint und Verkauf nationalsozialistischer Tageszeitungen im Rahmen der Edition „Zeitungszeugen“ oder die Dauerdebatte über eine Neuauflage von Hitlers „Mein Kampf“. Dies sind nur zwei der Themen, die in den Aufsätzen des Sammelbandes aufgegriffen werden. Dabei überwiegen geschichtsdidaktische und pädagogische Fragestellungen. Die Bandbreite der Beiträge reicht von Peter Longerichs Plädoyer, die NS‑Tagespresse stärker als Quellenkorpus wahrzunehmen und für die NS‑Forschung nutzbar zu machen, bis hin zu Moshe Zimmermanns kritischen Reflexionen über das Nachwirken und die unkritische Wiedergabe nationalsozialistischer Judenbilder im Zionismus und der Instrumentalisierung antisemitischer Bildsprache im heutigen Nahost‑Konflikt. Andere Autoren fragen nach dem Weiterwirken von NS‑Propaganda durch die Verwendung entsprechenden Filmmaterials in heutigen Dokumentarfilmen, problematisieren das Zeigen von NS‑Propaganda in musealen Präsentationen oder erörtern pädagogische Zugänge bei der Verwendung von NS‑Filmen im heutigen Schulunterricht. Am Beispiel von Aktivitäten und Medien der lokalen Neonaziszene in Nordrhein‑Westfalen widmet sich Silke Peters der aktuellen NS‑Propaganda, die vor allem über das Internet vielfältig verbreitet wird. Peters fordert als Konsequenz eine stärkere „Vermittlung von Kompetenz im Umgang mit Propaganda als Teil einer spezifischen Medienkompetenz“ (206), was langfristig erfolgreicher sein werde als Verbote und die Versuche, Zugänge zur NS‑Propaganda zu erschweren. Abgeschlossen wird der Band, der auf eine Tagung an der RWTH Aachen im Wintersemester 2012/2013 zurückgeht, mit grundsätzlichen Überlegungen Helmut Königs zum Spannungsverhältnis von heutiger Erinnerungskultur und NS‑Propaganda und der Manipulierbarkeit von Menschen. Insgesamt liefert der Sammelband zahlreiche Anregungen, sich mit einzelnen Fragen der NS‑Propaganda und ihrer Relevanz für unsere Sicht auf den Nationalsozialismus, dessen Darstellung in Schule und „public history“ und der Bedeutung der überlieferten Bilder und Texte für heutige und künftige geschichtspolitische Auseinandersetzungen vertiefend zu beschäftigen.
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Rubrizierung: 2.352.3122.372.612.232.2632.343 Empfohlene Zitierweise: Christoph Kopke, Rezension zu: Christian Kuchler (Hrsg.): NS-Propaganda im 21. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37870-ns-propaganda-im-21-jahrhundert_46330, veröffentlicht am 04.12.2014. Buch-Nr.: 46330 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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