/ 20.06.2013
Veronika Weis
Sexualität und Kontrolle. Verfolgung und Diskriminierung Homosexueller in Österreich im Dritten Reich und heute
Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2006 (Europäische Hochschulschriften: Reihe XXXI, Politikwissenschaft 527); 138 S.; brosch., 27,50 €; ISBN 978-3-631-54486-0Weis untersucht die Mechanismen der Instrumentalisierung von Sexualität und deren Aneignung durch staatliche und kirchliche, „an einer kalkulierbaren Bevölkerungsgröße“ (127) interessierte Institutionen. Sie fragt darüber hinaus nach den gemeinsamen Ursachen der Diskriminierung von (männlichen) Homosexuellen und (emanzipierten) Frauen, die darin bestehen, dass beide Gruppen potenziell den Reproduktionsinteressen (etwa Maximierung der Bevölkerungsstärke oder Erhalt der häuslichen Reproduktionsarbeit als Wirtschaftsfaktor) im Wege stehen. Dieser unter Bezugnahme auf das foucaultsche Theorem der Biomacht diskutierte Zusammenhang zieht sich durch die gesamte Arbeit. Im ersten allgemeinen Teil stellt Weis verschiedene Formen der Regulierung von Sexualität und die Zementierung eines „bipolaren Geschlechterbildes“ (26) dar, die erst die Grundlage für das Funktionieren des nationalsozialistischen Systems gebildet habe. Im historischen Teil der Arbeit widmet sie sich der NS-Zeit, berücksichtigt aber auch das Erstarken der Frauenbewegung und die Herausbildung einer homosexuellen Subkultur in Deutschland und Österreich in den 20er-Jahren. Sie zeichnet dann die leidvolle Geschichte der Verfolgung von Homosexuellen in Österreich und, soweit für das Verständnis erforderlich, im Nazideutschland nach, fragt nach den Kontinuitäten und Parallelen im Umgang mit Homosexualität und Frauenbewegung in der Zweiten Republik und schildert den Kampf der Schwulen- und Lesbenbewegung um Wiedergutmachung. Ihr Fazit: „Während die Kirche in der Zweiten Republik wenig Beweglichkeit zeigt, ist das Agieren des Staates von Fall zu Fall spezifisch zu beurteilen. Teilweise ist die Bereitschaft für Veränderungen da, teilweise wurden aber auch nur alte Kontrollformen durch neue ersetzt, und auch eine ‚Rückbesinnung’ in manchen Bereichen ist teilweise spürbar.“ (129)
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.23 | 2.4 | 2.312
Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Veronika Weis: Sexualität und Kontrolle. Frankfurt a. M. u. a.: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/21826-sexualitaet-und-kontrolle_30322, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 30322
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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