Das populäre Bild eines gegenüber den Grundelementen der westlichen säkularen und liberalen Demokratie intoleranten Islams prägt die mediale Auseinandersetzung mit dem Thema. Diese Arbeit enthält jedoch keine empirische Untersuchung des Verhältnisses von Staatsbürgerschaft und muslimischer Identität, sondern eine Analyse von Empfehlungen anerkannter Institutionen und einzelner Intellektueller an Muslime in der europäischen Diaspora. Dazu zieht Schweizer die Schriften und Stellungnahmen von Tariq Ramadan, Soheib Bencheikh, Dalil Boubakeur, Scheich Yusuf al-Qardawi sowie des European Council for Fatwa and Research (ECFR) heran, da diese den größten Einfluss und die größte Verbreitung unter den europäischen Muslimen genießen. Ihre Ausführungen unterteilt sie in den Hintergrund der Person oder Institution, den Bekanntheitsgrad und den Wirkungskreis, die Grundansichten, Begründung und Ziele sowie Mittel und Tugenden der politischen Partizipation von Muslimen. Sie konstatiert, dass die Positionen al-Qardawis und des ECFR stark die „alles überragende Stellung der Religion“ (111) betonen und kaum Anleitung dazu geben, wie Staatsbürgerschaft und Islam normativ vereinbar sind, sondern lediglich rein rechtliche Dilemmata zu lösen versuchen. Demgegenüber sehen die drei als liberale Muslime charakterisierten Intellektuellen im Laizismus eine Chance für freie Religionsausübung. Schweizer bietet einen knappen Ausschnitt aus der innerislamischen intellektuellen Debatte über die Herausbildung eines „Euro-Islams“ und kann als solcher verstanden auch einen Beitrag zur Übersicht über das Thema leisten.