Während theoriegeleitete Untersuchungen zur politischen Herrschaft im Vorderen Orient meist von einem "male bias" dominiert sind, handelt es sich bei Studien über die Stellung von Frauen in dieser Region meist um deskriptive und ahistorische Untersuchungen, die sich zudem auf die Rolle des Islam konzentrieren. Die Erkenntnis dieser Defizite bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit, die die spezifische Dynamik der Geschlechterbeziehungen im Kontext staatlicher Geschlechterpolitik als wesentliche Komponente politischer Herrschaft zu erklären sucht. Ziel ist es, in analytischer und historischer Perspektive die "komplexen Interaktionen und Wechselbeziehungen von Staat, Religion, Familienstruktur und Geschlechterverhältnis" (3) zu bestimmen. Beginnend mit der Epoche der vorstaatlichen Frühzeit im Mittleren Osten ist eine "Wanderung durch ein weitverzweigtes Labyrinth von Strukturen, Politiken und Diskursen" (370) entstanden. Diese materialreiche und spannende Entdeckungsreise macht Frauen als soziale und politische Akteurinnen sichtbar, die in den verschiedenen Epochen je unterschiedlich "ihre Stimmen [...] gegen die männliche Herrschaft und die patriarchalischen Einschränkungen erhoben und in verschiedenen Bereichen Macht ausgeübt haben" (377 f.). Inhaltsübersicht: 1. Geschlechterverhältnisse und Staatsbildung im Mittleren Osten der Frühzeit; 2. Geschlechterdiskurse im antiken Mittleren Osten; 3. Sozialstruktur und Geschlechterverhältnisse auf der Arabischen Halbinsel am Vorabend des Islam; 4. Die Herausbildung der umma und die Vereinheitlichung und Reglementierung der Geschlechterbeziehungen; 5. Das 'Haus des Islam' in seiner mittelalterlichen Blütezeit - ein Palast mit Hinterzimmern für die Frauen?; 6. Frauenmacht aus der Steppe?; 7. Modernisierung des Patriarchats und Aufbruch der Frauen; 8. Die Frauenfrage im Prozeß der Herausbildung des Nationalstaates; 9. Rentierstaat, Krisenentwicklung und Geschlechterpolitik.