Trübe Aussichten für eine Verbesserung: Die russisch-amerikanischen Beziehungen nach dem Helsinki-Gipfel
Donald Trump hatte vor, mit Charme und Überredung in einem Vier-Augen-Gespräch mit Vladimir Putin einen Durchbruch oder zumindest eine merkliche Verbesserung im russisch-amerikanischen Verhältnis zu erzielen. Hat er diese Idee erfolgreich umgesetzt? Hannes Adomeit kommt in seiner Analyse zu einem gegenteiligen Ergebnis: Tatsächlich haben sich die Beziehungen nach dem Gipfeltreffen in Helsinki im Juli 2018 verschlechtert – zum einem, weil es der US-Administration an einem kohärenten Ansatz gegenüber Russland fehlt, zum anderem weil die Regierung in Moskau in Trump keinen kompetenten Verhandlungspartner sieht.
Amerikanisch-russische wie früher amerikanisch-sowjetische Gipfeltreffen hatten oft einen herausgehobenen Charakter. Insbesondere in der Endphase des Ost-West-Konflikts kam ihnen eine zentrale Bedeutung zu, weil auf ihnen wichtige politische Weichenstellungen erfolgten, die weitreichende Konsequenzen hatten. Ein erstes Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Vladimir Putin fand am 18. Juli 2018 in Helsinki statt. In der Vorphase hatte der US-Präsident angekündigt, dass ihm an einer grundlegenden Verbesserung der Beziehungen zu Russland gelegen sei und er darüber mit dem Kreml-Chef persönlich und ohne jegliche weitere Teilnehmer, seien es Minister oder Berater, verhandeln wolle. Insofern wich der Gipfel nicht nur in diesem Punkt von allen vorangegangenen Gipfelkonferenzen mit Moskau ab, sondern auch hinsichtlich mangelnder Vorbereitung und fehlender Abstimmung zwischen dem Präsidenten und den für die Außen- und Sicherheitspolitik verantwortlichen Ministerien. Der Ausgang des Treffens traf in Washington und in den westlichen Hauptstädten überwiegend auf ein kritisches Echo und die Skeptiker sahen sich in ihren Befürchtungen bestätigt, dass Präsident Trumps Idee, mit Hilfe von Charme und Überredungskünsten im Vier-Augen-Gespräch einen Durchbruch im russisch-amerikanischen Verhältnis zu erzielen, zu nichts führen würde. Auf russischer Seite wurde der Gipfel anfangs als voller Erfolg gefeiert, mittlerweile hat sich auch in Moskau Ernüchterung eingestellt.
Die der Untersuchung zugrunde liegende Arbeitshypothese lautet wie folgt: Das Treffen in Helsinki hat nicht nur zu keinem Neustart und dem Beginn einer möglichen Bereinigung der russisch-amerikanischen Beziehungen beigetragen, sondern eher zu ihrer Verschlechterung. Um diese These zu verifizieren oder zu falsifizieren, wird als erstes der von Präsident Trump schon auf dem Treffen mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un in Singapur verfolgte Ansatz der persönlichen Gipfeldiplomatie vorgestellt. Danach werden die innenpolitischen Differenzen über die Russland-Politik in den USA und die unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem Präsidenten auf der einen Seite und dem Kongress sowie den beteiligten Fachministerien seiner eigenen Administration auf der anderen Seite als Hindernisse für einen kohärenten Ansatz in der Russland-Politik Washingtons aufgezeigt. Dem werden die russischen Vorstellungen von einer Neuregelung der amerikanisch-russischen Beziehungen gegenüber gestellt. Dies führt zur Auflistung und Analyse der wichtigsten Streitpunkte im bilateralen Verhältnis. Im Ergebnis gelangt die Untersuchung zu dem Schluss, dass der Gipfel keines der aufgezeigten Probleme einer Lösung näher gebracht und die Beziehungen zwischen Moskau und Washington eher verschlechtert als verbessert hat. Ursache ist zum einen die Unerfahrenheit des US-amerikanischen Präsidenten und die Aussichtslosigkeit seiner Gipfelmethode, zum anderen ist es die Intransigenz der russischen Regierung: Diese sieht Trump eher als Instrument zur Einschränkung der Handlungsfähigkeit des US-amerikanischen politischen Systems an, aber nicht als kompetenten Verhandlungspartner, mit dem eine Bereinigung der Differenzen in einer für beide Seiten akzeptablen Weise erfolgen könnte.
weiterlesen
Der vollständige Beitrag ist erschienen in:
SIRIUS – Zeitschrift für Strategische Analysen, Band 2, Heft 4, Seiten 366–384, ISSN (Online) 2510-2648, ISSN (Print) 2510-263X, DOI: https://doi.org/10.1515/sirius-2018-4005.
Außen- und Sicherheitspolitik
Aus den Denkfabriken
William J. Burns
Helsinki Summit and the Winging of Diplomacy
Carnegie Endowment for International Peace
16. Juli 2018
Paul Stronski
Trump’s Appeasement of Putin Undermines U.S. Diplomatic Posture
Carnegie Endowment for International Peace
16. Juli 2018
Frank A. Rose
Did the Trump-Putin summit resolve any arms control issues?
Brookings Institution
17. Juli 2018
Sarah Pagung
Gipfel in Helsinki. Plattform für Putins innenpolitische Manöver
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V.
18. Juli 2018
zum Thema
Donald Trump und die Polarisierten Staaten von Amerika
zum Thema