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/ 04.06.2013
Achim Trube

Zur Theorie und Empirie des Zweiten Arbeitsmarktes. Exemplarische Erörterungen und praktische Versuche zur sozioökonomischen Bewertung lokaler Beschäftigungsförderung

Münster: Lit 1997 (Zweiter Arbeitsmarkt 1); 612 S.; 89,90 DM; ISBN 3-8258-3309-7
Der "Zweite Arbeitsmarkt" - also im großen Maßstab öffentlich subventionierte Beschäftigung und Qualifizierung - scheint trotz steigenden Problemdrucks seine "Blütezeit" hinter sich zu haben. Zu den vielen Widersprüchen der praktischen Politik gehört gewiß der pro-zyklische Einsatz der Instrumente aktiver Arbeitsmarktpolitik, die - wie gegenwärtig ABM oder Umschulungen - aufgrund einzelfiskalischer Zwänge drastisch reduziert werden. In dieser Situation stellt die sehr breit angelegte Studie Trubes gleichermaßen eine kritische Analyse der Einwände gegen den "Zweiten Arbeitsmarkt" wie ein differenziertes Plädoyer für diesen Ansatz der Bekämpfung von Massenarbeitslosigkeit dar. Theoretisch ordnet er die vielfältigen, zumeist auf kommunaler Ebene durchgeführten Beschäftigungsinitiativen dem sog. "Dritten Sektor" (Non-Profit-Sector) zu (117 ff.). Damit gewinnt er die Möglichkeit, eine typische Kritik am "Zweiten Arbeitsmarkt" zurückzuweisen, die auf einer umstandslosen Übertragung von Effizienz- bzw. Effektivitätskriterien des I. bzw. II. Sektors beruht. Die operative Logik des "Zweiten Arbeitsmarktes" hat sich vielmehr an einer "Mehrzielproblematik" zu bewähren, die sich aus Forderungen nach Marktintegration, Sozialintegration und fiskalischen Erträgen zusammensetzt (131 ff.). Eine faire sozioökonomische Bewertung der Leistungen einschlägiger Projekte muß deshalb einerseits zielspezifische Kriterien und Meßverfahren entwickeln (145 ff.) und andererseits mittels differenzierter Bilanzierungen die unterschiedlichen Nutzeneffekte gegeneinander abwägen (183 ff.). Trube demonstriert dieses Bewertungsverfahren auf der Basis einer von ihm 1993 in Düsseldorf durchgeführten Untersuchung (deren Ergebnisse er allerdings schon andernorts ausführlich dargestellt hat) und dokumentiert diese durch einen sehr umfangreichen methodischen Anhang. Angesichts der zugrundegelegten zentralen Meßhypothese - ohne Beschäftigungsförderung wären Arbeitslosigkeit und deren Kosten unverändert geblieben (166) - kann es nicht überraschen, daß die fiskalischen und psycho-sozialen Entlastungseffekte für den Autor größere Bedeutung haben als die oftmals geringen Erfolge hinsichtlich der Arbeitsmarktintegration. Auch wenn man diesen Aspekt anders bewerten mag, so ist die Studie doch schon deshalb sehr anregend, weil sie sich - sozusagen an der Schnittstelle von Evaluation, Controlling und Qualitätsmanagement - sehr differenziert auf die Meßproblematik gemeinwirtschaftlichen Handelns einläßt. Inhaltsübersicht: 1. Arbeitslosigkeit und kommunale Beschäftigungsförderung: 1.1 Quantität, Qualität und Entwicklung der Arbeitslosigkeit; 1.2 Aspekte der Ursachen-Diskussion; 1.3 Die institutionelle Inkongruenz der Folgen von Arbeitslosigkeit. 2. Arbeitslosigkeit in der Arbeitsgesellschaft - Ein "bösartiges" Problem ohne Lösungsperspektiven?: 2.1 Marktwirtschaftliche Ansprüche und Sozialstaatsgebot als Raster der Verantwortlichkeiten; 2.2 Marktversagen, Staatsversagen und die Transfertendenz zum Zweiten Arbeitsmarkt; 2.3 Der Zweite Arbeitsmarkt und seine Rolle im Dritten Sektor; 2.4 Marktintegration, Sozialintegration und fiskalischer Ertrag als Zielsystem des Zweiten Arbeitsmarktes. 3. Überlegungen zur sozioökonomischen Bewertung der Leistungen des Zweiten Arbeitsmarktes: 3.1 Kriterien, Aspekte und Bezugsebenen sozioökonomischer Bewertung von Leistungen im Dritten Sektor; 3.2 Mehrzielproblematik und Erfolgsbilanzen - Gesichtspunkte der Beurteilung von Leistungen im Zweiten Arbeitsmarkt. 4. Zur Empirie des Zweiten Arbeitsmarktes: Eine exemplarische Kosten-/Nutzen-Analyse örtlicher Beschäftigungsförderung: 4.1 Anlage der Untersuchungen; 4.2 Fiskalische und arbeitsmarktliche Effekte; 4.3 Psycho-soziale Effekte; 4.4 Zugangsverfahren und Angebote des lokalen Zweiten Arbeitsmarktes im Urteil seiner Nutznießer. 5. Bilanz und Perspektiven: Versuch eines empirisch-deskriptiven Resümees mit theoretisch-präskriptivem Ausblick.
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3422.371.2 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Achim Trube: Zur Theorie und Empirie des Zweiten Arbeitsmarktes. Münster: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/4509-zur-theorie-und-empirie-des-zweiten-arbeitsmarktes_6324, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 6324 Rezension drucken
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