Die Notwendigkeit eines europäischen Verfassungsvertrags ist das zentrale Thema des Politikwissenschaftlers Kleger. Er mahnt, dass die rigiden Entscheidungsverfahren des Vertrages von Nizza einer aus 27 Mitgliedstaaten bestehenden Europäischen Union nicht gerecht werden würden. Die Häufigkeit der Blockaden werde zunehmen, ein Zustand, der eine erweiterte EU direkt in die Unregierbarkeit führen könne. Eine europäische Verfassung ist für Kleger damit zunächst einmal eine ganz praktische Notwendigkeit. Darüber hinaus werde diese Verfassung für die EU und besonders für ihre Bürger ein Mehr an Demokratie bedeuten. Für deren Wiederbelebung setzt Kleger das Limit allerdings bis zu den Europawahlen und der Einberufung der Europäischen Kommission im Jahr 2009. Um eine Abstrafung nationaler Regierungen auf dem Rücken einer Europäischen Verfassung zu verhindern, empfiehlt er eine zeitgleiche Abstimmung in allen Mitgliedstaaten. Vor dem Hintergrund der Erweiterungsdynamik sieht er europäische Legitimationsprobleme sowie eine immer stärker zu Tage tretende Identitätsproblematik. Dies werde an der stark polarisierten Auseinandersetzung um den EU-Beitritt der Türkei besonders deutlich. Trotz der Einführung der Währungsunion und Fortschritten in der Außen- und Sicherheitspolitik attestiert Kleger der EU – als Folge des europaweiten Anstiegs der Arbeitslosigkeit – eine Post-Maastricht-Krise. Der Autor unterbreitet insgesamt wichtige Leitgedanken zu seinem Kernthema. Allerdings stammt dieses Arbeitspapier aus der Zeit vor der deutschen Ratspräsidentschaft und den französischen Präsidentschaftswahlen, weshalb einige Teilaspekte überholt sind.