/ 05.06.2013
Frank Janning
Das politische Organisationsfeld. Politische Macht und soziale Homologie in komplexen Demokratien
Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 1998; 573 S.; kart., 68,- DM; ISBN 3-531-13194-XDiss. FU Berlin; Erstgutachter: A. Honneth, Zweitgutachter: C. Offe. - Der Autor verfolgt mit seiner Frage nach den Konstitutionsweisen und Ausprägungen von politischer Macht und Demokratisierungspotentialen in modernen Gesellschaften ein komplexes Analyseziel, das konzeptionell auf eine Integration von politik- und gesellschaftstheoretischen Perspektiven hin angelegt ist. Er greift damit in demokratietheoretischer Absicht eine Problemstellung auf, die auch im Umkreis des akteurszentrierten Institutionalismus diskutiert wird: Über welchen Handlungsspielraum verfügen Akteure in Abhängigkeit von Institutionen/Strukturen und wovon wird ihr Handeln (Interessen, Werten) bestimmt? Anhand von Schlüsselkategorien der politischen Theorie (Macht/Organisation; Staat/Steuerung; Pluralismus/Zivilgesellschaft) sucht der erste Teil das Desiderat einer akteurs- und gesellschaftstheoretischen Differenzierung normativer Demokratietheorie zu unterstreichen. Im zweiten Teil entwickelt Janning in kritischer Auseinandersetzung mit einschlägigen Überlegungen Bourdieus eine Theorie des politischen Organisationsfeldes als eigenen Interpretationsansatz, der relevante (teil-)disziplinäre Ansätze mit jeweils spezifischen Vorschlägen zur Konzeptualisierung von "Politikfeldern" (Sozialstrukturanalysen, Netzwerktheorie, Neo-Institutionalismus) verknüpft. Die Studie beeindruckt sowohl durch ihre breite Rezeption avancierter sozialwissenschaftlicher Theorien als auch durch den nicht-reduktionistischen, sichtlich um Nuancierung bemühten Argumentationsstil.
Inhaltsübersicht: I. Macht, Staat und Demokratie in der ausdifferenzierten Gesellschaft. Ausgangspunkte für eine konzeptuelle Neuorientierung: 1. Politische Macht und Organisation. Probleme der Theoriebildung: 1.1 Der soziale und politische Stellenwert korporativer Akteure; 1.2 Komplexe Machttheorien. 2. Moderne Staatlichkeit und Staatsautonomie in der Diskussion: 2.1 Die Bestimmung der "relativen" Autonomie des Staates; 2.2 Die Entzauberung des Steuerungsstaates. 3. Auf der Suche nach einer Demokratietheorie für komplexe Gesellschaften: 3.1 Pluralismus und Neo-Korporatismus in der Demokratie; 3.2 Die zivilgesellschaftliche Gegenmacht. II. Das politische Organisationsfeld. Beiträge zur Theoriebildung: 4. Feldtheorie und Politikanalyse: 4.1 Der Bourdieusche Feldbegriff als Synthese von macht- und institutionstheoretischen Annahmen; 4.2 Die feldinterne Dynamik; 4.3 Der Gesamtzusammenhang der Felder; 4.4 Das politische Feld. 5. Politische Theorie interorganisationeller Netzwerke: 5.1 Politische Netzwerkanalyse im Spannungsfeld von Interessengruppenforschung und Policy-Analyse; 5.2 Politiknetzwerke - Konzepte und Analysen; 5.3 Von der Politiknetzwerkanalyse zur politischen Theorie der Organisationen. 6. Zur Theorie des politischen Organisationsfeldes: 6.1 Die neo-institutionalistische Theorie des Organisationsfeldes; 6.2 Intraorganisationelle Statuskonflikte und interorganisationelle Kooperation; 6.3 Feldtheorie und intraorganisationelle Statuskonflikte; 6.4 Das politische Organisationsfeld; 6.5 Konfligierende Handlungsrollen im politischen Organisationsfeld; 6.6 Homologien und Netzwerke im politischen Organisationsfeld; 6.7 Abschließende Bemerkungen zur Theorieperspektive. 7. Machtpositionen und Demokratiepotentiale im politischen Organisationsfeld. Relationale Bestimmungen: 7.1 Macht und Gegenmacht in der Politik; 7.1.1 Die Machtpositionen der politischen Akteure; 7.1.2 Die Einflußchancen von Interessengruppen. 7.2 Politische Autonomie und Steuerungsfähigkeit: 7.2.1 Politisches Handeln in interessendominierten Politikbereichen; 7.2.2 Die Handlungsautonomie politischer Akteure; 7.2.3 Die politischen Steuerungspotentiale. 7.3 Die Institutionalisierungschancen demokratischer Gegenmacht: 7.3.1 Die Regime der Interessenvermittlung; 7.3.2 Die Partizipationschancen einer zivilgesellschaftlichen Gegenmacht. 7.4 Politisches Entscheidungshandeln und soziale Reformen: 7.4.1 Das normative Verständnis professionalistischen Handelns; 7.4.2 Die Formulierung und Durchsetzung politischer Reformen; 7.4.3 Politisches Handeln und soziale Gerechtigkeitsvorstellungen.
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.41
Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Frank Janning: Das politische Organisationsfeld. Opladen/Wiesbaden: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/7756-das-politische-organisationsfeld_10293, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 10293
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
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