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/ 21.06.2013
Sebastian Unger

Das Verfassungsprinzip der Demokratie. Normstruktur und Norminhalt des grundgesetzlichen Demokratieprinzips

Tübingen: Mohr Siebeck 2008; XVIII, 344 S.; Ln., 84,- €; ISBN 978-3-16-149583-0
Rechtswiss. Diss. München; Gutachter: P. M. Huber. S. Korioth. – „Untersuchungsgegenstand ist [...] das Demokratieprinzip des Grundgesetzes“ (4). Unger geht dabei zu Recht von der These aus, dass dieses in der deutschen Staatsrechtslehre spät entdeckt wurde sowie in dogmatischer Perspektive und kritischer Rezeption unterentwickelt geblieben ist. So tauchen einschlägige verfassungsgerichtliche Entscheidungen erst ab den 80er-Jahren auf. Sie blieben zudem, so kann ergänzt werden, infolge des staatstheoretischen Einflusses der „Schmitt-Schule“ (u. a. Böckenförde) durch ein national-etatistisch aufgeladenes Verständnis geprägt: eine staatlich vermittelte Demokratie eines homogenen Volkes (vgl. Entscheidungen: Ausländerwahlrecht, Mitbestimmung, Maastricht-Vertrag). Angesichts der Veränderungen durch Europäisierung, Internationalisierung und Partikularisierung stoße dieses Verständnis an seine Grenzen, schreibt der Autor, sodass eine inhaltliche Rekonstruktion umso dringlicher werde. Unger stellt daher zwei Demokratieverständnisse gegenüber: auf der einen Seite ein eher starres, „das als Pole demokratischer Inklusion nur Volk und Parlament anerkennt und folglich davon ausgeht, demokratische Legitimation resultiere ausschließlich aus der parlamentarischen Repräsentation des geschlossenen Staatsvolks“ – und ein flexibleres, „nach dem demokratische Legitimation im Sinne einer individualistischen-pluralistischen Interpretation des Demokratieprinzips patchworkartig aus einer Vielzahl unterschiedlicher und heterogener Quellen fließt“ (301). Diesen Dualismus sucht er mithilfe der Unterscheidung und Zuordnung von starrer Rechtsregel bzw. flexiblem Rechtsprinzip auszutarieren. Danach wäre auch eine „nicht vom Staatsvolk ausgehende[...] demokratische[...] Legitimation funktionaler Selbstverwaltungskörperschaften“ (304) möglich, wenngleich ein Ausländerwahlrecht nach wie vor ausgeschlossen bliebe. So zeigt sich auch mit dieser Arbeit, dass sich die jüngere juristische Staatstheorie endlich von den problematischen Traditionsbeständen zu emanzipieren und zum Pluralismus hin zu öffnen sucht.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 2.32 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Sebastian Unger: Das Verfassungsprinzip der Demokratie. Tübingen: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/29398-das-verfassungsprinzip-der-demokratie_34780, veröffentlicht am 20.01.2009. Buch-Nr.: 34780 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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