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/ 05.06.2013
Anthony Giddens

Der dritte Weg. Die Erneuerung der sozialen Demokratie. Aus dem Englischen von Bettina Engels und Michael Adrian

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1999 (Edition Zweite Moderne); 180 S.; 2. Aufl.; brosch., 29,80 DM; ISBN 3-518-41044-X
Nachdem die Sozialdemokratie in den neunziger Jahren ihre anhaltende politische Depression anscheinend überwunden hat und in vielen europäischen Staaten die Regierung stellt, gilt es laut Giddens, nun auch die theoretische Depression zu überwinden. Das kann nur geschehen, wenn die Sozialdemokratie nach dem Ende des Sozialismus ihre Politik nicht nur reaktiv gestaltet, sondern mit Idealen und theoretischen Konzepten untermauert. Als einen Beitrag zu einer transnationalen Grundwertedebatte der Sozialdemokratie versteht Giddens sein Konzept des dritten Weges. Im ersten Teil des Bandes rekonstruiert er dessen Gegenpole. Der dritte Weg findet seine Gestalt in Form der klassischen Sozialdemokratie, oder "alten Linken", wie sie Giddens nennt, mit ihren Vorstellungen von Gleichheit, umfangreichen Pflichten des Staates, einer eingeschränkten Rolle des Marktes und der Forderung nach Vollbeschäftigung. Der andere Gegenpol wird vom Thatcherismus und Neoliberalimus eingenommen, mit der absoluten Freiheit des Marktes im Gegensatz zu autoritärer Moral, der Hinnahme von Ungleichheit und der Forderung nach dem schlanken Staat. Im folgenden zeigt Giddens fünf elementare Dilemmata auf, die gegenwärtig kontrovers diskutiert werden und denen sich die Politik stellen muß: Globalisierung, Individualisierung, die Bedeutung des Gegensatzes von Links und Rechts, die Abnahme politischen Handelns und politischer Partizipation und die Einstellung zur Ökologie. Der zweite Teil widmet sich der Möglichkeiten des dritten Weges hinsichtlich dieser Dilemmata: "Das übergreifende Ziel der Politik des dritten Weges muß es sein, den Bürgern dabei zu helfen, sich ihren Weg durch die großen Revolutionen unserer Zeit zu bahnen: die Globalisierung, die Veränderung des persönlichen Lebens, und unsere Beziehung zur Natur. [...] Hauptanliegen der Politik des dritten Weges sollte nach wie vor die soziale Gerechtigkeit sein [...]." (80 f.) Giddens erarbeitet die Möglichkeiten einer Politik des dritten Weges, einer radikal-demokratischen Mitte, angesichts der Probleme der Gegenwart. Er zeigt, daß die Kombination moderner Ideale eines feindlosen Staates, einer positiven Wohlfahrt, einer gemischten Wirtschaft und der kosmopolitischen Demokratie mit traditionellen Werten der Sozialdemokratie, wie Gleichheit, keinen unmöglichen Brückenschlag darstellen.
Stefan Göhlert (SG)
M. A., Politikwissenschaftler, Protokollchef und Bürgerbeauftragter in der Verwaltung der Stadt Jena.
Rubrizierung: 5.412.22 Empfohlene Zitierweise: Stefan Göhlert, Rezension zu: Anthony Giddens: Der dritte Weg. Frankfurt a. M.: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/8227-der-dritte-weg_10845, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 10845 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
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