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/ 22.06.2013
Bernhard Pörksen / Hanne Detel

Der entfesselte Skandal. Das Ende der Kontrolle im digitalen Zeitalter

Köln: Herbert von Halem Verlag 2012; 247 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-86962-058-9
Ausgangsthese dieser durch zahlreiche Fallbeispiele illustrierten Abhandlung bildet die Feststellung, dass „sich im Schatten der allgegenwärtig gewordenen Neigung zur Empörung […] ein neues Skandalschema“ herausbildet. So habe der Skandal durch seine Entkoppelung von den Massenmedien sowie seine Abwanderung ins Internet eine neue „Evolutions- und Eskalationsstufe“ (23) erreicht. Merkmale dieses „entfesselten Skandals“ sind – nach Pörksen und Detel –, dass heute jeder effektiv skandalisieren kann, es mit mobilen Endgeräten neue Instrumente zur Initiierung von Skandalisierungsprozessen sowie neue Opfer gibt. Außerdem habe sich das Themenspektrum möglicher Skandale erweitert, sodass heute gelte: „Interessantheit dominiert Relevanz“ (24). Daneben habe sich das Publikum durch das Netz erweitert und neue Formen der Ungewissheit beschränkten die „ohnehin bescheidenen Möglichkeiten der Kontrolle, der Steuerung und des Skandalmanagements“ (25). Insgesamt reiht sich der Band in die internetkritischen Abhandlungen ein, die sich in einer meist populärwissenschaftlichen Art sehr kritisch mit den Entwicklungen des digitalen Zeitalters auseinandersetzen. Mit sehr eingängigen sprachlichen Sentenzen werden dabei nicht nur spezifische Phänomene prägnant beschrieben, sondern eben leider auch – korrespondierend mit dem Untersuchungsgegenstand – hypertrophiert beziehungsweise sogar skandalisiert. Mit Blick auf die Darstellung der webgestützten Genese unzähliger Skandale der jüngeren Vergangenheit, die in diesem Band beispielhaft nachgezeichnet werden, problematisieren die Autoren selber ihren damit verbundenen „Voyeurismus höherer Ordnung“ (19). Angesichts dieses Darstellungsdilemmas bleibt es dem Leser überlassen, immer wieder die Frage zu prüfen, ob man „über den entfesselten Skandal in einer Weise schreiben [kann], die sich nicht von der allgegenwärtig gewordenen Neigung zur Skandalisierung forttragen lässt“ (19). Pörksen und Detel gelingt dieser Balanceakt nur bedingt: Als Einstieg und Vermittlungsversuch, der weniger netzaffinen Menschen eine Übersicht über die Entwicklungspotenziale im Internet vermittelt, mag sich ihre Darstellung eignen. Einen nüchternen Beitrag zur wissenschaftlich so dringend benötigten Fundierung und Theoriebildung der im Netz zu beobachtenden Phänomene leistet dieser Band jedoch allenfalls bedingt – zumal er auf diverse Beispiele zurückgreift, die in der Netz-Community weitgehend bekannt sind.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 2.22 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Bernhard Pörksen / Hanne Detel: Der entfesselte Skandal. Köln: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35255-der-entfesselte-skandal_42455, veröffentlicht am 23.08.2012. Buch-Nr.: 42455 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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