/ 07.04.2016
Sandra Ibrom
Die Rolle der Mediation in demokratischen Entscheidungsprozessen. Optimierung und Demokratisierung von Entscheidungsprozessen durch Mediation
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015; 450 S.; brosch., 109,- €; ISBN 978-3-8487-2342-3Diss. Frankfurt/Oder, Begutachtung: G. C. Rowe, S. Breidenbach. – Sandra Ibroms Dissertation gründet auf der These, dass „in einer immer komplexeren Welt nicht nur rückgebundene und mehrheitsfähige, sondern auch rationale, nachhaltige und komplexitätsadäquate Entscheidungen getroffen werden können, wenn Entscheidungsprozesse mediativ unterstützt werden“ (21). Komplexität und Mediation greifen in der repräsentativen, auf die Umsetzung gemeinwohlorientierter Entscheidungen ausgerichteten Demokratie für Ibrom insofern ineinander, als eine verstärkte, integrierend wirkende Kommunikation den Fliehkräften einer immer unübersichtlicheren Welt entgegenzuwirken vermag. Nach einer einführenden, theoriegeschichtlich akzentuierten Darstellung des gegenwärtigen Standes „gelebter Demokratie“, die sich, so der Befund, in einem „Wandel“ (67) befinde, reflektiert Ibrom die „Einsatzmöglichkeiten“ (141) von Mediation. Nach dem deutschen Mediationsgesetz ist dieses Verfahren, das auf eine mehr als zweitausendjährige Tradition zurückblicken könne, „ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beteiligung ihres Konflikts anstreben“ (142). Insofern herkömmliche Entscheidungsverfahren die immer weiter steigenden Anforderungen an politische Legitimität unter Bedingungen der Komplexität – Stichworte Öffentlichkeit, Transparenz, Informations‑ und Wissensmanagement – kaum noch erfüllten, so Ibrom im Ausblick der Arbeit, gelte es, derlei Verfahren verstärkt einzusetzen. Diese führten tendenziell zur Überwindung partikularistischer Interessendurchsetzung und zur Stärkung deliberativer Verfahren, was die Autorin im dritten Teil ihrer Arbeit, der eine Literaturanalyse zu Beratungs‑ und Entscheidungsverfahren in parlamentarischen Gremien (hier dem Deutschen Bundestag) enthält, zu plausibilisieren versucht. Das Gelingen dieses Vorhabens allerdings setze voraus, dass „demokratische Verhandlungsprozesse grundsätzlich nicht mehr vom Positionsdenken der Akteure, sondern von einem Gemeinsinn getragen werden, der danach strebt, eine Regelung zum Wohle aller zu finden.“ (422). Inwieweit in demokratische Entscheidungsprozesse eingebundene Akteure allerdings dafür sensibilisiert werden können, dass ihre Handlungsmotive gegebenenfalls nur partikulare, nicht aber gemeinwohlbezogene Qualität besitzen, steht auf einem anderen Blatt.
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Rubrizierung: 2.331 | 2.32 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Sandra Ibrom: Die Rolle der Mediation in demokratischen Entscheidungsprozessen. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39590-die-rolle-der-mediation-in-demokratischen-entscheidungsprozessen_48121, veröffentlicht am 07.04.2016. Buch-Nr.: 48121 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA