/ 03.06.2013
Léo Scheer
Die virtuelle Demokratie. Aus dem Französischen von Michaela Meßner
Hamburg: Rotbuch Verlag 1997; 135 S.; 29,80 DM; ISBN 3-88022-494-3Neue Technologien nehmen zweifellos großen Einfluß auf die Entwicklungen in demokratischen Gesellschaften. Besonders die Weiterverbreitung und -entwicklung von Informationstechnologien verschieben das bisherige Verhältnis zwischen Mitbestimmung(smöglichkeiten) und Repräsentation der Bürger.
Scheer legt mit seinem Buch keine wissenschaftliche Analyse dieser Prozesse vor, sondern geht ohne konkrete Fragestellung direkt zu einer Bestandsaufnahme gegenwärtiger und künftiger Prozesse über. Die Demokratie befindet sich in einer doppelten Krise: Zum einen zählt die Politik zu jenen Bereichen, über die der Fernsehzuschauer einfach "hinwegzappt" (9), "zum anderen sperrt sich der Bürger vehement gegen jeden Versuch, ihn zur Anhängerschaft an irgendein System von Werten oder Überzeugungen zu bewegen" (15). Der Autor beschreibt einen Verfall der politischen Ideologien durch die Überwindung von Raum und Zeit. Dort, wo sich Raum und Zeit in den virtuellen Welten auflösen, ist die Demokratie auch nicht mehr an Mandate und Verträge gebunden. "Die Politik funktioniert schlecht in der Augenblicklichkeit. In der Augenblicklichkeit sind die Dinge bereits geschehen, bevor irgendeine Macht die Zeit gehabt hätte, sich ihr zu bemächtigen." (83 f.)
Scheer resümiert über die Folgen dieser Entwicklungen ohne einen konkreten theoretischen Rahmen. Begriffe wie "kathodische Ordnung" (15) und andere Analogien beanspruchen dabei eher die Phantasie als die Sachkenntnis des Lesers.
Thomas Morick (TM)
Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.22
Empfohlene Zitierweise: Thomas Morick, Rezension zu: Léo Scheer: Die virtuelle Demokratie. Hamburg: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2967-die-virtuelle-demokratie_3887, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 3887
Rezension drucken
Dipl.-Politologe.
CC-BY-NC-SA