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/ 04.06.2013
Hans Herbert von Arnim

Fetter Bauch regiert nicht gern. Die politische Klasse - selbstbezogen und abgehoben

München: Kindler 1997; 462 S.; geb., 46,90 DM; ISBN 3-463-40323-4
Von Arnim, bekannt vor allem durch seine aktive Rolle als entschiedener Kritiker der in den letzten Jahren in Bund und Ländern verabschiedeten Diäten- und Versorgungsgesetze, versucht mit diesem Buch, eine umfassende Analyse der parlamentarischen Parteiendemokratie in Deutschland vorzulegen. Der Autor will die grundlegenden Motivationen von politischen Akteuren und ihre Bedeutung untersuchen, nämlich "das übergreifende Berufs- und Einkommensinteresse der politischen Klasse und das konkurrierende Regierungs- und Machtinteresse der Elite" (50). Den Stand der politikwissenschaftlichen und juristischen Forschung beurteilt von Arnim als überwiegend völlig unzureichend. Ansätze zur ökonomischen Theorie der Politik erwähnt er positiv, ohne detailliert darauf einzugehen und ein überzeugendes theoretisches Fundament seiner Untersuchung zu entwickeln. Entscheidendes Defizit der politischen Ordnung der Bundesrepublik ist nach von Arnim die "organisierte Verantwortungslosigkeit" (147), die sich darin ausdrückt, daß immer mehr Entscheidungen in kleinen Zirkeln wie Koalitionsausschüssen getroffen werden, sowie darin, daß die Opposition über den Bundesrat mitregiert und blockiert. In diesen Zusammenhang gehört auch das nach von Arnims Meinung mangelhafte Nominierungsverfahren, das zu sehr den Parteien überlassen sei. Desweiteren beschäftigt sich der Autor eingehend mit der "Verbeamtung der Parlamente und Regierungen" (224), ohne im Einzelnen zwischen verschiedenartigen Interessen der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu unterscheiden. Von Arnim bleibt hier im Detail den Nachweis schuldig, daß der hohe Anteil von öffentlichen Bediensteten in der Politik tatsächlich so fatale Konsequenzen hat. Einen Schwerpunkt der Darstellung bildet bei allen Aspekten die finanzielle Ausstattung von Parlamentariern und Regierungsmitgliedern, wobei insbesondere die Regelungen in den Ländern und die Versorgungsregelungen scharf kritisiert werden. Von Arnim plädiert dafür, die "Entmachtung des Volkes und Allmacht der politischen Klasse" (370) umzukehren und "Zurechenbarkeit, Verantwortung und Wettbewerb" wiederherzustellen (388). Zentrale Instrumente sind dabei Volksentscheide auch auf Bundesebene sowie eine Reform des Wahlrechts. Abschließend stellt der Autor Möglichkeiten einer Reform vor: "Direktwahl des Regierungschefs" (389) und "mehrheitsbildendes und wettbewerbsförderndes Wahlrecht" (393). Inhaltsübersicht: 1. Die politische Klasse; 2. Die Berufsinteressen der politischen Klasse; 3. Das Machtinteresse der politischen Elite; 4. Die Symbiose von politischer Klasse und öffentlichem Dienst; 5. Hand in Hand mit Lobbyisten; 6. Politische Klasse ohne Kontrolle; 7. Das Ende der Lähmung.
Julia von Blumenthal (JB)
Prof. Dr., Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin.
Rubrizierung: 2.3312.321 Empfohlene Zitierweise: Julia von Blumenthal, Rezension zu: Hans Herbert von Arnim: Fetter Bauch regiert nicht gern. München: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/3924-fetter-bauch-regiert-nicht-gern_5586, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 5586 Rezension drucken
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