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/ 30.06.2016
Heike Kleffner / Anna Spangenberg (Hrsg.)

Generation Hoyerswerda. Das Netzwerk militanter Neonazis in Brandenburg

Berlin: be.bra verlag 2016; 301 S.; pb., 20,- €; ISBN 978-3-89809-127-5
Eine steigende Zahl von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte, vermehrte Hetze gegen Flüchtlinge im Internet, mehr Demonstrationen von Rechten und der NSU‑Prozess zeigen, wie hochaktuell das Thema Rechtsextremismus und Neonazismus ist. Der Sammelband lenkt den Blick auf die neonazistische Szene in Brandenburg, fragt nach ihren Ursprüngen, zeigt ihre Netzwerke auf, geht den Verbindungen zum NSU nach, fragt nach dem Umgang der Behörden mit Rechtsextremismus und ‑terrorismus und gibt einen Ausblick über die möglichen weiteren Entwicklungen. Der Politologe Gideon Botsch arbeitet in seinem Beitrag die fünf bisherigen Phasen heraus. Der Neonazismus sei aus einem unpolitischen Milieu – der Jugendsubkultur der Skinheads, Hooligans und Faschos – hervorgegangen. Aus diesem Umfeld hätten sich 1985/1986 Verbindungen von rechtsextremen Personen ergeben, die sich auch zunehmend mit politischen Fragen auseinandergesetzt hätten. Mit der Wende 1989/90 habe sich das Milieu politisiert und erste Ansätze einer politischen Organisation seien erkennbar geworden. Im Laufe des Jahres 1990 habe sich eine „politisch formierte, bewegungsförmige ‚Nationale Opposition‘“ (59) entwickelt. Die ostdeutschen Neonazis übernahmen demnach Elemente aus Westdeutschland und beide verschmolzen schließlich miteinander. Mit Blood & Honour untersuchen Marie Kwiatek und Michael Weiss ein militantes Netzwerk, das neonazistische Rockbands, Labels usw. miteinander verbindet. 1994 sei es als zweite Sektion in Deutschland gegründet worden, vor allem Uwe Menzel, der das Image habe, „unbeugsam, kompromisslos, fanatisch“ (131) zu sein, sei damit zu einer Größe der brandenburgischen Szene geworden. Nach dem Verbot von Blood & Honour im Jahr 2000 hätten die Rechtsextremen in Brandenburg einfach weitergemacht, Uwe Menzel wirke bis heute als Förderer der Szene. Dass die Polizei in diesem Bundesland in den frühen 1990er‑Jahren dem Neonazismus nicht ausreichend entgegen getreten ist, zeigt der Politologe Christoph Kopke in seinem Beitrag. Die Gewaltbereitschaft wurde seiner Ansicht nach zunächst unterschätzt. Doch ab 1992 setzte ein Prozess ein, mit dem „Rechtsextremismus zu einem zentralen Thema für die Brandenburger Politik im Bereich Innere Sicherheit“ (175) wurde. Auch auf das Auffliegen des NSU im November 2011 reagierte die brandenburgische Polizei und leitete Untersuchungsmaßnahmen ein. Kopke kommt daher zu dem Schluss: „Während die Polizei in den frühen 1990er‑Jahren nicht gerade den Ruf genoss, die Gewalt von rechts zielgerichtet und konsequent unterbinden zu wollen, kann der heutigen Polizei bzw. ihrer Führung der ernsthafte Wunsch, rechtsextrem motivierte Straftaten effektiv zu unterbinden bzw. aufzuklären, kaum mehr abgesprochen werden.“ (180) Insgesamt gibt das Buch einen detaillierten Einblick in das Thema Rechtsextremismus und Neonazismus in Brandenburg.
{JBU}
Rubrizierung: 2.372.325 Empfohlene Zitierweise: Jessica Burmester, Rezension zu: Heike Kleffner / Anna Spangenberg (Hrsg.): Generation Hoyerswerda. Berlin: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39794-generation-hoyerswerda_48214, veröffentlicht am 30.06.2016. Buch-Nr.: 48214 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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